Kärbholz - Überdosis Leben

Review

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Mit ihrem neunten Album geben sich KÄRBHOLZ eine „Überdosis Leben“. Ich verkneife mir an dieser Stelle jegliche Kalauer, auch wenn mir der Albumtitel und die dahinter stehende Qualität die ideale Steilvorlage liefern würden. Dafür bietet das neue Album der Westfalen ein schlicht und ergreifend zu frustrierendes Hörerlebnis. Daher bin ich gerade nicht zu schlechten Scherzen aufgelegt.

Die Band versucht immerzu, mit emotionalen Texten zu punkten, die aus dem Leben gegriffen scheinen. Nette Idee, in der Praxis erweist sich das jedoch als unzureichend, um einem ernsthaften Hörer ohne rosarote Fanbrille und ohne ONKELZ-Vorschädigung (a. k. a. mir) wirklich unter die Haut zu gehen. Denn dafür sind die Lyrics viel zu holprig geschrieben. Und deren Darbietung ist nicht sonderlich einnehmend ausgefallen. Torben Höfgen versucht sich gelegentlich an diesen überlebensgroßen Refrains. Doch die bedürfen einer Stimme vom Formate z. B. eines Zoltán Téglás und verkommen durch Höfgens teils poltrige Darbietung zum lauen Lüftchen. „Ich kann es nicht ändern“ ist ein solcher Fall. Wie ironisch. Auch in „Evolution umsonst“ versucht er sich vergebens daran, auch wenn seine aggressiven Vocals in Strophen und Bridge in Ordnung sind. Die großen Wortakrobaten sind KÄRBHOLZ also nicht, auch wenn sie hier im Gegensatz zur direkten Deutschrock-Konkurrenz hätten punkten können, nein: müssen.

Ganz schlimm ist „Perfekt unperfekt“, der quintessenzielle Punk-Lovesong, ein Duett mit der Hamburger Liedermacherin Franzi Kusche. Und es ist der käsigste, pampigste, künstlichste Mist, den man sich vorstellen kann. Ebenso unmöglich sind die zahlreichen, manipulativen Lyrics, die offensivst auf die Tränendrüse drücken, sowie „Kind aus Hinterwald“, das jedes abgedroschene „Stadt- Vs. Landmensch“-Klischee mitnimmt. Doch das ist erst der Anfang dieses frustrierend generischen Albums, das sich fast schon trotzig „Überdosis Leben“ nennt.

KÄRBHOLZ liefern zahnloses Deutschrock-Geplänkel

Vermutlich steht bei den Westfalen irgendwo ein Songgenerator herum, der alle zwei Jahre angeschmissen wird, wenn sie mal wieder Vertrags wegen etwas in die CD-Regale wuchten müssen und gerade nichts auf der Pfanne haben. Also Maschine an, 14 generische Tracks und ein Bonussong ausgespuckt, und dann langt’s erstmal wieder für zwei Jahre. Dieses Album ist ein reines, musikalisches Ödland, das nicht mal den Anstand hat, nach 40 Minuten Feierabend zu machen. Oh nein, fast eine Stunde bringt die Version mit Bonustrack auf die Uhr.

Technisch gesehen ist die Platte keine Ohrenweide. Der Sound klingt so, als hätte man einfach das Preset von jedem verdammten Rock-Album genommen, das in den letzten Monaten die Charts heimgesucht hat. Der Sound ist zugegebenermaßen druckvoll. Doch die Songs komplementieren das nicht, dadurch, dass sie mit einer Ausnahme (dazu gleich) alle so sehr auf Nummer sicher gespielt sind. Der Bass blubbert dazu gerne leicht desorientiert und irgendwie vom Rest des Sounds isoliert im Untergrund herum. Die Riffs klingen wie vom Grabbeltisch auf dem Rock-Flohmarkt gekauft. Ein paar ganz nette, zuweilen sogar aggressive sind zwar dabei, wie im Titeltrack. Doch der Mangel an tatsächlicher Aggression in diesem Song nimmt dem Riff jeden nur möglichen Wind aus den Segeln.

Besonders tragisch in dieser Hinsicht und so kommen wir zu oben erwähnten Ausnahme: „Da ist noch Leben drin“. Der Track beginnt mit erfrischend wüstem Geknüppel. Doch der zahnlose, klischeehafte und komplett unpassende Vier-Akkorde-Refrain killt das Moment des Songs, ebenso wie die versöhnliche Bridge, die so klingt, als wollten sich KÄRBHOLZ beim Hörer für den vorübergehenden (interessanten!) Wutausbruch entschuldigen. Dabei hat der Song so stark angefangen. Höfgen mag kein talentierter Sänger sein, aber hier macht er sogar mal eine richtig gute Figur. Sein aggressiver Gesang passt zum wütenden Geknüppel und ist dank der Produktion richtig stark in Szene gesetzt. Nur leider haben KÄRBHOLZ dann scheinbar Angst vor der eigenen Courage bekommen, sodass Songtitel und -text einen fast schon zynischen Charakter bekommen.

Da fühlt sich jemand in der grauen Masse pudelwohl…

Genre-Tropen wurden natürlich ebenfalls bedient. Die nervtötenden, plumpen Gitarrenleads, die ja irgendwie zum guten Ton des Genres gehören, wurden teilweise massivst in den Vordergrund gemischt. Von dort aus plärren sie gnadenlos auf den Hörer ein. Der Opener „Ich hoffe du kannst mich sehen“ beginnt gar mit dem nervigsten dieser Riffs und schämt sich nicht mal dafür.

Das hier ist der perfekte Soundtrack für all jene, deren musikalischer Horizont bei den ONKELZ anfängt und genau dort auch wieder aufhört. Der Unterschied ist, dass dem hier vorliegenden Album nahezu jedes Diskussionspotential fehlt. Es ist schlicht und ergreifend ein Allerwelts-Deutschrock-Album. KÄRBHOLZ geizen mit langfristig memorablen Songs und langweilen fast durchgehend mit Klischees. Wenn sich die Band nicht gerade bei „Kind aus Hinterwald“ am rudimentärsten Country vergreift, was für manche scheinbar schon reicht, um das Album als „höchst abwechslungsreich“ durchgehen zu lassen, läuft hier die generischste Deutschrock-Platte, die man sich vorstellen kann. Hier hätte echt jeder Bandname draufstehen können, und es wäre nicht aufgefallen. Interessante Ansätze werden im Keim erstickt. Echte Abwechslung im Songwriting gibt es nicht. Und teilweise triefen die Texte nur so vor peinlichem Pathos. Wer ernsthaften, kreativen und gut geschriebenen Rock mag, sollte also woanders weitersuchen gehen.

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31.01.2017

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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21 Kommentare zu Kärbholz - Überdosis Leben

  1. Mike sagt:

    Das ist alles eine persönliche Meinung, die eigentlich keinen bzw. Wenig Stellenwert besitzt. Ich finde der Hörer sollte selbst entscheiden können was er gut findet. Metal.de sollte Rock und Metalbands unterstützen und nicht schlecht reden so wie es hier bei einigen Rezessionen ist. Oder einfach gleich die Bewertungen den Hörern überlassen.

    9/10
    1. Maurerdekolté sagt:

      Damit die Mikes dieser Welt einfach mal Topwertungen raushauen können?

    2. Doktor von Pain sagt:

      Und Rezensionen (eine Rezession ist ein wirtschaftlicher Abschwung) verhindern, dass die Hörer entscheiden, was sie gut finden? Also echt, Mike, du schreibst vielleicht einen Stuss… Ich lese da nus raus: „Jemand mag die Musik, die mir gefällt, nicht. Wie kann es sein, dass jemand einen anderen Geschmack hat als ich?! Lasst mich doch die Rezessionen (sic!) schreiben, dann sage ich allen, wie toll ich Kärbholz finde!“

    3. SG sagt:

      „Metal.de sollte Rock und Metalbands unterstützen und nicht schlecht reden so wie es hier bei einigen Rezessionen ist.“

      Nein, sollen sie nicht. Eine Seite wie metal.de ist dafür da, dem Leser den Überblick über den mittlerweile unübersichtlichen Wust an Bands zu erleichtern. Dazu gehört auch, den Mist auszusortieren. Unnötige „unterstützdende“ Lobhudelei nutzt keinem. Nicht den Bands und schon gar nicht dem Käufer.
      Dass letztlich bei jedem Review der eigene Geschmack dominiert, ist klar. Auch ich komme auf einige metal.de – Ansichten nicht klar. Dann ist es aber an mir, einer Band evtl. doch eine Chance zu geben.
      Würde ich jedoch unter dem Video oben eine 9/10 sehen, wäre das wohl ein heftiger Schlag gegen die Glaubwürdigkeit der Redaktion.

      1. Sane sagt:

        Über den ersten Teil von mikes Aussage kann man ja mal nachdenken,da der persönliche Geschmack doch sehr in die Benotung einfließt und einige Bands oder Alben durch schlechte Bewertungen durchflutschen.
        Alle Bands unterstützen zu müssen und den letzten lehmklumpen von Album hochzjubeln ist natürlich absoluter Blödsinn..

  2. Kai sagt:

    Dem ersten Teil von Mike’s Kommentar kann man eigentlich voll und ganz zustimmen! Auch wenn man keinen Deutschrock und dergleichen hört merkt man sofort, dass der Reviewer hier voreingenommen heran geht…Jemand, der bei „Deutschrock“ oder „deutschem Rock“ sofort nur die Onkelzkeule rausholt, sollte keine Reviews für deutsche Rockbands schreiben!

    9/10
    1. Barga sagt:

      Dabei sind Kärbholz musikalisch genau solch billiger Mist wie die Onkelz… oje oje… Wer denkt die Onkelz machen billigste Prolo-Musik sollte sich mal diesen Kärbkack anhören… da ist man sich fast schon fürs Auslachen zu schade

      1/10
    2. Sane sagt:

      Was heißt hier onkelzkeule? Die sind nun mal die Referenzband in diesem unsäglichen Genre..
      Ich kann damit nichts anfangen,ich kann die Band nicht leiden,die Musik,das image,viele ihrer Fans und alleine wg dem Sänger würde ich mich von diesen kackvögeln distanzieren.
      Aber selbst ich muss zugeben dass sie ein paar gute songs geschrieben haben..

    3. Phillip sagt:

      Vollkommen richtig! Meine Meinung!

      1. Phillip sagt:

        damit meine ich Kai!!

  3. Phillip sagt:

    Über Musikgeschmak lässt sich streiten! Ich finde, das neue Album gut und ich habe alle Alben bisher x mal gehört! Wer nur Rezissionen liest, und die Musik nicht selber beurteilt, der sollte es gleich ganz lassen! Und wer Deutschrock nicht mag, aber Rezissionen verfasst, sollte sich ftagen ob er den richtigen Beruf ergriffen hat! Denn dann sollte er Rezissionen über Musik schreiben, bei der er unvoreingenommen bewerten kann! Da dies, aber im Jornalismus nirgends mehr angewandt wird, ist es für mich nicht überraschend! Einiges in dieser Rezission, passt mir nicht, aber wer darauf rein fällt, und desswegen die Musik nicht selber probe hört, der reiht sich wieder bei denen ein, die Meinungen übernehmen, sich diese aber nicht selber bilden! Ich persönlich lese Rezissionen zu Musik nie bevor ich mir nicht bereits ein eigenes Urteil über diese Musik gemacht habe

    8/10
      1. Sane sagt:

        Was macht ein Review denn für einen Sinn wenn man es nur liest um seine Meinung bestätigt zu sehen??!
        Hier geht es darum sich zu informieren und nicht darum auf Kritik zu warten die man nicht nachvollziehen kann um sich dann aufzuregen…

  4. Herzerlein sagt:

    Oh, oh… Was ist denn da passiert??? Eine der arrogantesten und unqualifiziertesten Rezensionen, die ich jemals gelesen habe!! Der Rezensent beschäftigt sich ausschließlich mit seiner eigenen Meinung zum Deutschrock und geht in keiner Phase seiner Rezension auf musikalische und textlich inhaltliche, politisch neutrale Aspekte der Scheiblette ein. Ganz mieser Stil…. Meiner Meinung nach ist dieses Album insbesondere musikalisch, als auch inhaltlich eines der stärksten Alben von Kärbholz. Die Band versprüht musikalischen Spielwitz mit starken inhaltlichen und politisch nicht zu verwerfenden Texten. Sich immer an den Onkelz zu ergötzen, die nun definitiv nur noch Abzocke betreiben (….wir werden definitiv niemals ein neues Album rausbringen…), finde ich erbärmlich. Es gibt noch eine Menge anderer, ehrlicher Deutschrock-Kombos und Kärbholz gehören zweifelsfrei dazu. Daher hoffe ich, dass nie wieder ein Mensch, der Deutschrock ohne politisches Ansinnen zu verabscheuen scheint, jemals wieder Rezensionen über erfolgreiche und gute Deutschrock-Bands schreiben wird…. In diesem Sinne: BANG YOUR HEADS….

    8/10
    1. The Arctopus sagt:

      „an den Onkelz ergötzen“, öhm…. hast du das ding überhaupt gelesen??

      1. metal-maniac sagt:

        Bang your heads? Nö sicher nicht. Schlimm genug dass man mit solchem musikalischen Durchfall in Verbindung gebracht wird wenn man sich als Metaller/Rocker outet.

        1/10
      2. Herzerlein sagt:

        Ja, ich habs gelesen. An den Onkelz ergötzen ist vielleicht falsch ausgedrückt. Was mich aber richtig nervt, ist, dass jede Deutschrockband in einen Topf mit den Onkelz geschmissen wird und an denen gemessen wird. Als ob die Onkelz DIE Messlatte für jegliche deutschsprachige Rockmusik wären. Es muss doch möglich sein, eine Deutschrockscheibe vernünftig zu rezensieren, ohne mehrfach die Onkelz zu erwähnen….

    2. Andy sagt:

      Absolut perfekt geschrieben! Herzlichen Dank für deine Meinung. 100% Zustimmung zu jedem Wort.

  5. Andy sagt:

    Diese Rezension ist eine absolute Frechheit. Der allerbeste Beweis für total keine Ahnung! Wechsle bitte dringend deinen Job.

    9/10
  6. Marc mit C sagt:

    Ein Glück sind Geschmäcker verschieden .
    Ich halte Kärbholz für eine Band mit einem hohen Wiedererkennungswert. Es klingt eigenständig und auf keinen Fall wie die Typen aus Frankfurt.
    Naja! Zum Glück ist den Hölzern dein Review ziemlich scheissegal.
    Besser wäre es für alle wenn du dein Praktikum beendest.

    9/10
    1. doktor von pain sagt:

      Schon lustig, wie die ganzen Kärbholz-Fanboys hier rumpöbeln. Jungs, macht am besten gleich beim Review zum neuen Album weiter, das hat nämlich nur zwei Punkte bekommen – und das sogar von einem anderen Redakteur. Aber der hat bestimmt auch keine Ahnung, ne?