Junon - Promo MMXXV

Review

Ja, es gibt sie noch! Demo-Tapes, die einem auf Bahnhöfen des Norddeutschen Tieflandes quasi im Vorbeigehen untergemogelt werden. In deren Aufmachung Zeit und Liebe und Gefühl geflossen sind, filigrane Details, die entdeckt werden wollen. Ich meine, Booklet gedruckt auf „Fedrigoni Sirio Ultra“-Papier?! (Nie gehört? Eben!)

„Promo MMXXV“: Räucherwerk und Rätsel

So mysteriös die Bemusterung, so bezirzend die Aufmachung für Auge und Nase. Ein kräftiger Räuchergeruch entweicht bei Öffnung der klanggewordenen Pandorabüchse, alte Weisheiten, kommet zu mir, doch Geduld, was ist das nur: Ein schwarz-goldener QR-Code purzelt mir entgegen. Dahinter: Endlich zeitgemäße Fakten. JUNON nennt sich die Gruppe, die mal als Kollektiv mit Mitgliedern von IMHA TARIKAT, HIDDEN IN THE FOG und TEMPLE KOLUDRA beschrieben wird, anderswo als Soloprojekt von Musikerin Junon auftaucht.

Doch genug des Digitalen, was verrät uns das Magnetband? Es rumpelt, es kracht – das ist doch Black Metal – meistens. Blastbeats en masse, sägende Gitarren, dabei gerade noch etwas hörbarer als ULVERs Gehörgangsmassaker „Nattens Madrigal“. Vergleiche zu Demos der zweiten Welle drängen sich auf, doch bevor sich JUNON in zehnminütige Säbelrassel-Eskapaden verlieren, kehrt Stille ein. Dann: schleppender Drone-Doom, operettenhafter Gesang, allem Anschein nach aus demselben Mund wie das vorherige Gekeife. Meist sehr dicht, selten schrullig, immer mit einem psychedelischen Herz und dem Gefühl, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Solo-oder-doch-nicht-Soloprojekt-Teile.

Lärm und Liturgie

Der DEATHSPELL-OMEGA-meets-eine-gemäßigtere-DIAMANDA-GALÁS-Vortrag lässt bei den eindeutig als deutsch zu identifizierenden Songtexten viele Verständnisfragen offen, doch auch hier schafft das Digitale Abhilfe: Verfall, Erkenntnis und transzendente Transformation stehen im Vordergrund, lateinische Beschwörungen wie „Lux creavit tenebras, tenebrae creavere lucem“ („Das Licht erschuf die Dunkelheit, die Dunkelheit erschuf das Licht“) dürften nicht nur Metaphysik- und Alchemie-Hobbylogen, sondern auch Fans der Netflix-Serie „DARK“ aufhorchen lassen.

Wichtiger als jeder Text aber: die Atmosphäre. Und die passt nun mal auf „PROMO MMXXV“. Wenn es sägt, dann richtig, wenn es rumpelt, dann gewollt – das präzise Drumming ist nur eines der instrumentalen Highlights, die das durchgehende Kerzenschein-Ambiente sichern.

Es geht weiter

JUNON klingen in ihren besten Momenten wie ein verlorenes Black-Metal-Sideprojekt aus dem Hause THE DEVIL’S BLOOD und wecken gesanglich auch Erinnerung an die WITTR-/ANNA VON HAUSSWOLFF-Kooperation auf „Thrice Woven“ – nur halt in richtig dreckig.

Denn dieser anonyme Dämon tönt wie fürs Medium Demo-Tape gemacht – das laut Bandcamp mit einer Limitierung auf 77 Exemplare wohl kurz vor dem Ausverkauf steht. Dort lassen JUNON auch verlauten, dass es die ersten beiden Stücke aufs geplante Debütalbum finden sollen. Man darf gespannt sein – auf ein Wiedersehen mit diesen Klang- und (natürlich!) Geruchswelten.

04.03.2025

- Dreaming in Red -

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1 Kommentar zu Junon - Promo MMXXV

  1. ultra.silvam sagt:

    Hab das Teil vor einiger Zeit auch zugeschickt bekommen. Muss sagen ein unglaublich schön aufgemachtes Demo/Promo, und die Songs sind auch der Hammer. Freu mich auf mehr von der Band!

    9/10