Wer hätte gedacht, dass King Elvis anno 2002 einem holländischen DJ zu Weltruhm gereicht? Ganz sicher war es dem immensen Erfolg der Single „A Little Less Conversation“ zu verdanken, dass Tom Holkenborg alias Junkie XL für seine neues Album eine illustre Gästeliste zusammengetragen hat, unter anderem so Prominenz wie Dave Gahan, Gary Numan, Chuck D, Saffron und Robert Smith. Doch wer lieblos aneinandergereihte Kollabos zum Zwecke des Namedroppings vermutet, wird eines Besseren belehrt. Das gesamte Album umspannt ein Konzept namens „Radio JXL“: Holkenborg’s Vorstellung eines Radioprogramms, eingeteilt in ein Tag- (3PM) und ein Nachtprogramm (3AM). Überraschend, dass in diesem Programm ausgerechnet für die Trademarks der beiden vorangegangenen Junkie-XL-Alben kaum noch Platz ist. Selten noch bekommt man die sonst von ihm gewohnten Gitarrensamples, noisigen Big-Beat-Sounds und Hip-Hop-Zitate zu hören. Und auch der rotzige Vocalstyle von Rapper Rudeboy ist eng verknüpft mit dem bisherigen Junkie-Sound. All das fiel der moderaten Abwechslung zum Opfer, was allerdings nicht zum Nachteil interpretiert werden sollte. Schließlich ist die stilistische Bandbreite auf „3PM“ beachtlich. „Sleepy Policeman“ (vom ermordeten Peter Tosh) und „Never Alone“ (feat. Terry Hall) warten mit einem prallen Pfund Reggae auf, Chuck D. legt seinen Rap über mächtig pumpenden Halftime-Hip-Hop-Beat und mit Rhythm’n’Blues-Barde Solomon Burke samt Gospelchor am Mirkofon geht’s auf „Catch Up To My Step“ wahrlich funky zu. Am meisten dürften aber die ruhigen Nummern überraschen, vorwiegend gegen Ende des Albums. Anouk’s kraftvolle Stimme wurde von Junkie XL mit einer souligen Popballade passend in Szene gesetzt, während Gary Numan eine Trance-Nummer auf den Leib geschneidert wurde. Mit „Rivers“ (feat. Shelly Harland) taucht man dann endgültig in Ambientsphären ab. Die zweite CD „3AM“ widmet sich dem Nachprogramm. Im Gegensatz zum Tagesprogramm ist „3AM“ ein DJ-Set, das fast 70 Minuten am Stück Chill-Out-Mucke liefert und nur gelegentlich mit treibendem House aufrüttelt – ein guter Begleiter für nächtliche Autofahrten. Fazit: Junkie XL gibt sich vielseitig und überzeugt. Bei aller Vielfalt schafft es Junkie XL sich ohne Durchhänger durch sein virtuelles Radioprogramm zu lotsen und beweist nebenbei, dass er dem Hype um Prodigy und Chemical Brothers endgültig entwachsen ist. Eine reife Leistung, auch wenn ihm das womöglich keinen zweiten Hit a la „A Little Less Conversation“ einbringen wird.
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