Jours Pâles - Dissolution

Review

AORLHAC-Sänger und Songwriter Spellbound tobt sich zum dritten Mal mit dem Projekt JOURS PÂLES aus. Dabei geht er mit „Dissolution“ einen ähnlich experimentierfreudigen Weg wie zuvor.

JOURS PÂLES mit „Dissolution“ – Was ist das?

Wer bei dem Namen Spellbound klassischen, technisch einwandfreien Black Metal erwartet, wird überrascht sein. Mit dem dritten Album „Dissolution“ bedient sich der Sänger bei unterschiedlichen musikalischen Genres, ohne dabei das Hauptaugenmerk auf die harte Gangart zu verlieren.

Der Opener „Taciturne“ erinnert an Hard- oder Streetcore. Die Blastbeats begleitet ein grummeliger Sprechgesang und High-Pitch-Passagen findet man hier selten. Stattdessen erinnern die Strophen an klassischen französischen Gangsterrap, wodurch sich eine kraftvolle aggressive Stimmung aufbaut. Mit „Noire Impériale“ packt Spellbound in die Melodic-Black-Trickkiste und holt einen epischen Nackenbrecher hervor, der mit einem orchestralen Zwischenspiel aufwartet.

Bei „Réseaux Venins“ gibt es eine kleine Doom-Passage, die nach kurzen Breakdowns mit flotten Gitarrensoli an Fahrt gewinnt und der Song „Les Lueurs Dáutoroutes“ baut mit einer Sängerin eine fast an Gothic Metal erinnernde Romantik auf, die sich in das Gesamtkonzept des Albums einfügt.

JOURS PÂLES – parles-tu français?

Spellbound bleibt bei der lyrischen Gestaltung der Songs seiner Muttersprache treu. Selbst ohne Französischkenntnisse bauen die Vocals gemeinsam mit den Riffs eine düstere Atmosphäre auf, die zwischen Aufbruch und Depression schwankt und somit das menschliche Sein in all seinen Facetten widerspiegelt. Wer sich die Mühe macht, sich das Booklet zu schnappen und die Lyrics zu übersetzen, wird mit romantischen, philosophischen und depressiven Gedanken konfrontiert. Dabei wirken die Texte nie plump, sondern warten mit Metaphern auf, die zum Nachdenken einladen.

„Dissolution“ – Ein herrlich anstrengendes Kleinkind

Manche Arbeiten und Projekte sind schwer zu bewerten – dieses ebenfalls. Das musikalische Talent, das professionelle Arrangement und die mit Herzblut komponierten Songs schreien nach einer sehr hohen Bewertung. Allerdings kommt hier das Problem bei solch ambitionierten Projekten wie JOURS PÂLES zum Vorschein: Die Experimentierfreudigkeit.

Bei einer solchen Palette an Untergenres, musikalischen Einflüssen und wechselnden Stimmungen, kann nicht jeder Song ein Treffer sein. Wer Depressive Black Metal mag, wird mit „Terminal Nocture“ glücklich, während „Noire Impériale“ klar in eine Epic-Kerbe schlägt. All das greift Spellbound mit dem nötigen Respekt vor der Kunst auf. Dabei wirkt er wie ein hochbegabtes Kleinkind, das mit unerschütterlicher Neugier alle Ecken des Extreme Metals abklappert, um seinen Stil zu finden. Ironischerweise ist genau das der Stil von JOURS PÂLES!

Review von C. E. Wild

09.05.2024

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