Joseph Williams, langjähriger Sänger der einzigartigen und immanent wichtigen TOTO, wagt sich nach vielen Jahren mal wieder an ein Soloalbum heran. Das Vorgängeralbum „This Fall“ erschien im Jahr 2008, ganze 13 Jahre sind vergangen. Dabei steht „Denizen Tenant“, auch optisch, als Schwester- bzw. Bruderalbum zum parallel erschienen Soloalbum „I Found The Sun Again“ vom TOTO-Kollegen Steve Lukather. Beide Musiker haben übergreifend weitreichend am Album des jeweils anderen Kollegen mitgearbeitet. Doch zu „I Found The Sun Again“ an einer anderen Stelle später einmal mehr.
Solo ist man weniger allein – JOSEPH WILLIAMS hat keine Lust auf einen Egotrip
Solo-Album ist in diesem Kontext natürlich ein eher dehnbarer Begriff, denn Joseph Williams hat ein Namedropping würdiges Arsenal an Gastmusikern um sich gescharrt. Dazu gehören natürlich TOTO-Kollegen und Kolleginnen wie der bereits genannte Steve Lukather und TOTO-Gründungsmitglied David Paich, Williams Töchter Hannah Ruick und Ray Williams oder Stargitarrist Michael Landau. Musik- und AOR-Nerds greifen zu den umfassenden Liner Notes des Booklets und staunen.
Apropos Nerds. Joseph Williams ist Sohn des legendären Komponisten John Williams (Star Wars, Jurassic Park). Joseph komponierte auch für viele Filme Musik, beispielsweise „Lapti Nek“ der Max Rebo Band in „Return of the Jedi“ (1983) und sang den erwachsenen Simba in „Hakuna Matata“ im Disneyklassiker „König der Löwen“ (1994). So klein ist die Welt.
Aber auch auf „Denizen Tenant“ gibt es viel zu entdecken, obwohl die Stoßrichtung des technisch anspruchsvollen AOR mit Pop-Elementen relativ fest zementiert ist. Die Hitdichte des Albums ist dabei sehr hoch. Gleich zu Beginn des Albums geht „Liberty Man“ TOTO-geshuffeld mit unbeschreiblicher Eleganz ins Ohr und lässt sich nicht mehr vertreiben. Williams selbst stapelt tief:
„Der Song ist simpel. Ich liebe und schätze die Freiheit, zu kommen und zu gehen, wohin ich will.“
Ein musikalischer Trip über BEATLES, AOR und Familiengeschichte
„Denizen Tenant“ hat auch rockigere Momente, wie das eingehende „Never Saw You Coming“ als Opener unterstreicht und damit auch etwas verschleiert, dass das Album insgesamt eher ruhigere Töne anschlägt. Dies ist aber keinesfalls als Kritikpunkt zu verstehen, denn Williams komponiert immer ins Schwarze, verfällt nie in sinnloses Gefrickel oder gar Kitsch und trägt die Songs durch seine fantastische Stimme zumeist komplett selbst.
Ein Beispiel gefällig? Ein Song für die verstorbene Mutter mit seinen Töchtern einzuspielen, kann grundsätzlich, aus nachvollziehbaren Gründen, emotional überladen werden. Allerdings umschifft „Wilma Fingadoux“ mit elektronischen Elementen, tollen Stimmen, einer Prise Humor und stilvollen Celloklänge jede dieser möglichen Klippen.
Zudem hat Williams auf dem Album zwei Coverversionen versteckt, welche sich harmonisch in die Scheibe einfügen. Folgerichtig stehen diese nicht als Bonustracks am Ende des Albums, sondern sind organischer Teil der Tracklist. Von den BEATLES wählte Williams „If I Fell“, wobei Lenny Castro an den Percussions eine neue interessante Note zum BEATLES-Original von 1964 addiert. Beim PETER GABRIEL-Cover „Don’t Give Up“ ist dann erneut Williams Tocher Hannah als Gastsängerin zu hören.
„Denizen Tenant“ macht am Ende alle glücklich
Die Nähe zur Hauptband ist auf „Denizen Tenant“ stark ausgeprägt, was allerdings der Freunde an diesem hervorragenden Album keinen Abbruch schafft. Denn „Denizen Tenant“ ist genau das Album, welches nicht nur TOTO-Fans ausnahmslos glücklich machen wird. Dieser aber natürlich in besonderem Maße. Ein Album, welches gleichermaßen poppig und anspruchsvoll, detailverliebt und unglaublich gut hörbar ist. Stark!
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