Jonathan Davis - Black Labyrinth

Review

Zwei Jahre, nachdem seine Hauptspielbank zuletzt zum Nu-Metal-Tänzchen gebeten hat, rückt Jonathan Davis nun mit seiner Solo-Platte „Black Labyrinth“ an. Die Qualität der neueren KORN-Alben war ja gelinde gesagt ein massiver Korb an Zankäpfeln, wobei die Meinungen von den Die-Hard-Vertretern, die der Band ihre Entwicklung zugestehen, zu den enttäuschten Fans, die spätestens mit „See You On The Other Side“ abgesprungen sind, weit auseinander gehen. Das wird sich mit „Black Labyrinth“ vielleicht nicht unbedingt ändern, ebensowenig, wie das Album die Nostalgie-Schiene fährt, aber das alles scheint auch gar nicht auf der Agenda des Kaliforniers gestanden zu haben.

Jonathan Davis auf Solo-Pfaden – anders als erwartet

Denn man sollte hier allein aufgrund der Beschaffenheit des vorliegenden Albums mit solchen Äußerungen der Marke „bestes KORN-Album seit X“ vorsichtig sein. Denn „Black Labyrinth“ ist letzten Endes doch anders geraten, sodass sich durch den Sound kaum Parallelen gebieten: Die Songs sind weniger heavy, kommen natürlich ohne das Signatur-Slapping des Herrn Fieldy und ohne die geradezu manisch wimmernden Gitarren daher, die den KORN-Sound in seinen besten Tagen so sehr geprägt haben. Es geht mit „Black Labyrinth“ eher auf die gothisch-industrielle Metal-Tanzfläsche, und zwar richtig.

Erstaunlicherweise entdeckte unsereins direkt bei den ersten Durchläufen eine gewisse Artverwandtschaft zu Peter Tägtgrens Industrial-Jukebox PAIN, abzüglich dessen abrasiveren Gitarren-Geschredders. Als Entschädigung schüttet Davis allerdings wieder in bester Manier sein zerfurchtes Herz aus. Seine finsteren Impressionen, mögen sie hier und da auch etwas abgedroschen klingen, bleiben eben ein effektiver Aufhänger, mit dem selbst ein mittlerweile (rein biologisch gesehen) in die Jahre gekommener Jonathan Davis immer noch ein generationsübergreifendes Publikum problemlos für sich einnehmen kann. Und irgendwo hat sicher jeder von uns mal ein KORN-Album gerne, vielleicht sogar innig liebend gehört, in meinem Falle war es etwa der offensichtliche Band-Hit „Follow The Leader„. Die Frage, die somit ja eigentlich schon halb beantwortet im Raum steht, lautet also: Wie anders ist „Black Labyrinth“ nun? Anders genug, um sich von KORN abzuheben?

Den Schmerz in mundegerechte Stückchen verpackt und geschmackvoll ausgekleidet

Der PAIN-Vergleich hält sich tatsächlich erstaunlich hartnäckig. Statt Nu-Metal-Ästhetik, die möglicherweise schon angestaubt daherkommt (ist ja immerhin auch schon ein paar Tage her der Hype), wartet Jonathan Davis mit auf Klarheit hin geschriebener Kost auf, die sich einerseits für ein paar interessante, experimentelle Ausflüge nicht zu schade ist, andererseits aber doch mit beiden Beinen auf dem Boden steht, ohne den vergangenen Triumphen hinterher zu trauern und so zu einer Parodie ihrer selbst zu werden. Denn das Ganze ist geschmackvoll und in sich stimmig unterfüttert, definitiv fleischhaltig genug für den Hörer, der Wert auf eine hinreichend eisenhaltige Diät legt. Und wenn schon Pop, dann wird lieber dessen dem  Rock eher zugewandte Seite zitiert, die sich fernab ausgetretener, zu Tode produzierter Pfade ansammelt. Schön macht hier „What You Believe“ mit düsterem, atmosphärischem Elektro-Sounds inklusive sinister im Hintergrund keckernden Pizzicacti vor, wie ein solcher Seitensprung glaubhaft zu klingen hat, während der Refrain zusammen mit den stampfenden Beats kompetent in die Beine fährt. Auch „Gender“ platziert sich dank seiner geradezu erhebenden Ethno-Einflüsse in der experimentelleren Ecke des Spektrums, Einflüsse, die sich tatsächlich schon weit früher auf „Final Days“ zeigen und diesen Song in puncto Atmosphäre bereichern.

Und doch bleibt es eingängig und tanzbar

Wer an dieser Stelle jedoch aufgrund des „Experimental“-Namedrops musikalisch abstrakte Akrobatik befürchtet, dem sei es noch einmal gesagt: „Black Labyrinth“ gibt sich direkt und greifbar, nicht unbedingt viszeral-zupackend, aber doch facettenreich und vor allem: Metal genug, um eines zweiten, gar dritten Hördurchganges würdig zu sein, gerne auch mehr. Und den Unterschied macht einfach die Eingängigkeit in Verbindung mit der düsteren Ästhetik aus, die sich geradewegs, schamlos aber auch irgendwie charmant, beim Opener „Underneath My Skin“ zeigt. Für KORN viel zu triumphal lädt der Song mit seinen Melodien, die man höchstens „Untouchables“ zuschreiben könnte, direkt zum vergnügten Tanzbeinschwingen ein. Den Refrain hat man auch nach zwei Wiederholungen drauf und kann diesen trotz edgy Düsternis sodann auch wunderbar mitgrölen. Gleiches bringen auch „Your God“ und „Walk On By“ fertig, die beide den zuvor angedeuteten PAIN-Pep kompetent einfangen. Klassisch KORNt es dann aber doch etwas bei „Everyone“, gerade wenn sich Jonathan Davis für den Refrain wieder einmal wunderbar und over the top aufplustert. Die 90er- und 00er-Nostalgie lässt herzlich grüßen, ohne Fanbrille geht das Stück aber auch ganz gut rein.

„Black Labyrinth“ – ein Album mit zwei Gesichtern?

Diese beiden Aspekte des Albums, der catchy Gothic/Industrial Metal und die experimentelleren Ausflüge in elektronischere oder mitunter fast schon krautig anmutende Ethno-Gefilde, ergänzen sich stimmungstechnisch sehr gut, sodass von Zerfahrenheit kaum die Rede sein kann, auch wenn die Schnittmenge zwischen diesen beiden Seiten auf dem Papier gering anmutet.

Ist „Black Labyrinth“ als künstlerischer Befreiungsschlag anzusehen? Wohl eher nicht, das Œuvre von KORN wird Jonathan Davis hiermit wohl kaum umkrempeln. Braucht er aber auch nicht. „Black Labyrinth“ ist schlicht und ergreifend ein wunderbar unterhaltsames Album mit den düsteren Impressionen des Protagonisten Jonathan Davis verpackt in eingängige, teilweise fast  schon schmissige Songs, die wenn dann lediglich durch die lyrische Abgedroschenheit negativ auffallen. Die ist angesichts der guten Hörbarkeit der Platte aber schnell verdaut. Der Hörer sollte also problem- und schmerzlos in das „Black Labyrinth“ hineinfinden. Raus ist wieder eine andere Sache…

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17.05.2018

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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10 Kommentare zu Jonathan Davis - Black Labyrinth

  1. hrhr sagt:

    ob es nun wie korn oder nach industrial klingt, ich kann auf beides gut verzichten. allein bei der stimme, stellen sich mir alle fußnägel nach oben.

    1/10
    1. nili68 sagt:

      Mach’s doch besser. lol

    2. Doktor von Pain sagt:

      War ja klar, dass hier wieder ein Kommentar von Mister „Alles, was neuer klingt als von 1990, ist doof“ kommt.

      1. nili68 sagt:

        Echt, wer New Metal (Whatever) noch für neumodischen Kram hält, hat aber auch den Schuss irgendwie nicht gehört und sollte mal über ’ne Anmeldung im Altenheim nachdenken.

        Mir gefällt das Lied da oben eigentlich ganz gut. Über kleine Schwächen muss man hinwegsehen. Der man ist ja schließlich erst seit 25 Jahren im Geschäft.

      2. Winterpercht sagt:

        Wenn New Metal alt wird, ist er dann überhaupt noch New Metal? Gibt’s dann bald New New Metal oder gar Newer Metal?
        Vor allem gibt’s dann Typen, die neuen New Metal Bands vorwerfen wie die alten New Metal Bands zu klingen oder eben doch newer wie früher? Werden. Dann Fans von New New Metal Bands von New Metal Bands Fans als Poser bezeichnet? Mir schwirrt der Kopf.

        Wer ist eigentlich dieser Jonathan Davis, der Bruder von Marcel? Korn mag ich jedenfalls nicht Mal flüssig.

        So, genug sinnloser Kommentar, bei Dimmu Borgir hab ich mich noch zurückhalten können, haha.

      3. nili68 sagt:

        Bezeichnungen… Black Metal ist auch Unsinn. Luzifer ist ja der Lichtbringer, also müsste es doch Light Metal heissen…? New und Modern Metal sagt für mich dasselbe aus usw. Was soll der Kack?

    3. DieBlindeGardine sagt:

      Was für ein vollkommen unnötiger Kommentar. Das ist als würde man unter jedes Album von Rogga Johansson schreiben, dass man Death Metal scheiße findet.

      Ich glaube mein Problem (zumindest dem Vorabtrack nach zu urteilen) wird eher sein, dass ich Jonathan Davis schwer von seiner Hauptband trennen kann. Seine Stimme und sein Gesangsstil schreien halt immer Korn, auch wenn der musikalische Unterbau ein komplett anderer ist. Für mich klingt das dann am Ende trotzdem immer irgendwie nach Korn. Das muss nicht schlecht sein, macht eine unabhängige Bewertung aber eher schwer.

  2. greedo sagt:

    einfach geil. punkt.

    10/10
  3. Hugh Idiyit sagt:

    Also als er noch bei Limp Bizkit am Schlagzeug gesungen hat war es besser. Und die ganze Zeit von Alkoholverherrlichung (Korn? Wer oder was ist das?) ist nicht gut. Lieber mal nen Schnittlauch-Mango-Champignon Smoothie trinken, das ist pfiffig und gibt Fett auf der Feile. Gibt es hier auch Reviews zu Bibi ihrem Album?

  4. TheBookOfSouls sagt:

    Wow, sehr tiefgehendes und emotionales Album. Respekt für die Leistung von Herrn Davis. Manchmal wirkt mir das ganze zwar zu experimentell, aber das rechtfertigt ein Soloprojekt. Wenn man Korn hören wollen wollte, soll man schließlich eine Korn CD einschmeissen.

    8/10