Johnny Cash - At The Carousel Ballroom April 24, 1968 (Live)

Review

JOHNNY CASH war zu Lebzeiten als nicht immer einfach zu nehmender Mensch bekannt. Aber er hatte eben sein Säckchen zu tragen, dass vielleicht doch ein wenig schwerer war, als man fernab diverser Hollywood-Biopics vermuten würde. Immerhin ließ der Man In Black auf seinen “American Recordings” die Hosen runter und gewährte einen Blick in sein Innerstes. Rührende Versionen von “Hurt”, “Personal Jesus” und “Rusty Cage” sind heute allerorts bekannt. Oft hört man von Verwunderung begleitete Ausrufe wie “Wie bitte? DAS ist von den NINE INCH NAILS?” oder „SOUNDGARDEN? Noch nie gehört…“.

Der Spaß entfaltet sich erst auf der Bühne

Insofern hat der Songwriter seine Spuren auch im Sand der aktuellen Klientel hinterlassen. So richtig Spaß hat man bei der Musik von JOHNNY CASH aber eigentlich erst, wenn sie begleitet wird von Zwischenrufen aus dem Publikum und er seinen mehr als authentischen Sprechgesang wie ein Prediger ans Volk richtet. Besonders während des Titeltracks auf “Folsom Prisom Blues” im ebenso benannten Gefängnis, sorgt die Zeile “I shot a man in Reno, just to watch him die” für einen echten Gänsehautmoment, wenn die anwesenden Insassen diese Beichte mit frenetischem Jubel quittieren.

Im selben Jahr, in dem Cash seinerzeit im Knast sein unsterblich gewordenes Konzert aufgenommen hatte, lieferte er wenige Monate danach im Carousel Ballroom in San Francisco eine beinah ebenso großartige Performance. Dass der Mann auch vor über fünfzig Jahren eben kein Schönredner war, stellt er bereits mit dem Opener “Cocaine Blues” fest. Man möchte es eigentlich nicht für möglich halten, dass das damals noch als dezent prüde zu bezeichnende Publikum in den USA dem eigentlich konservativen Country-Folk mit den oft provozierenden Texten nicht ablehnender gegenüber stand. Sicherlich hat “At The Carousel Ballroom” den Vorteil, dass es im schon immer freigeistigeren Kalifornien aufgezeichnet wurde.

JOHNNY CASH: Der erste wahre Rock-Star

Praktischer Weise könnte der Mitschnitt vom 24.04.1968 als Kompilation und Werkschau der frühen Schaffensperiode des Sängers durchgehen und beninhaltet von “Orange Blossom Special” über “This Land Is Your Land” (WOODY GUTHRIE) bis hin zu “Ring Of Fire” und “Walk The Line” alles an Traditional-Folk-Song-Styles und JC-Originals, was das Herz begehrt.

Immer wieder hört man, wie die Musiker auf der Bühne miteinander plaudern, was den zeitlosen Charakter von echten Musikschaffenden umso mehr hervorhebt. Auch JOHNNY CASHs Ehefrau JUNE CARTER ist mit ihrer energiegeladenen Stimme zu hören, die nicht sehr viel mit den heute weichgespülten Country-Sternchen gemein hat.

“At The Carousel Ballroom” als Flux Kompensator

Viele Zitate, eine Überzahl an mitreißenden Einleitungen und die perfekt eingespielte Band um den Langzeit-Gitarristen Luther Perkins, Marshall Grant und den Schlagzeuger W.S. Holland machen das Durchhören dieses Live-Albums zu einer Zeitreise ins US Amerika der 1960er, in dem es eine noch unverbrauchte Live-Kultur gab.

Die durch und durch amerikanische Art Musik zu machen, ist hier in jeder Textzeile und in jedem Dialog, ja sogar in der ikonischen Art des Gitarren-Pickings zu hören und lässt die knappe Stunde wie ein paar Minuten wirken. Einen Punktabzug gibt es nur, weil “Folsom Prisom Blues” insgesamt ein noch unkonventionelleres Gefühl einfängt und die bessere Tracklist besitzt. Einen weiterer Punkt wird abgezogen, weil es sich natürlich in keiner Weise um eine Rock- oder gar Heavy-Metal-Veröffentlichung handelt.

28.11.2021

Left Hand Path

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7 Kommentare zu Johnny Cash - At The Carousel Ballroom April 24, 1968 (Live)

  1. doktor von pain sagt:

    „Einen weiterer Punkt wird abgezogen, weil es sich natürlich in keiner Weise um eine Rock- oder gar Heavy-Metal-Veröffentlichung handelt.“

    Ein Album, das nicht aus dem Rock- oder Metalbereich kommt, kann niemals die volle Punktzahl bekommen. Klingt logisch und in sich schlüssig. Na ja, ich gehe mal gutgläubig davon aus, dass der letzte Satz des Reviews scherzhaft gemeint gewesen ist.

  2. Nether sagt:

    @doktor von pain
    Da zitier ich doch mal einen mittelmäßig bekannten Metal-Sänger:
    „There are basically two categories of music: Metal und Bullshit!“
    B.D. (Iron Maiden)
    😁

  3. doktor von pain sagt:

    Nun, auch der kann gescherzt haben, immerhin hat der Bruce ja Humor. Oder er war jung und unreif, als er das gesagt hat. Kann ja auch sein.

  4. Nether sagt:

    Wenn ich das richtig im Kopf habe, entstammt dieses Zitat einem Interview von 2013 oder 2014, in dem er augenzwinkernd ordentlich in alle Richtungen ausholte. Von Punk bis Metallica bekam vieles sein Fett weg.
    Herr D. vergallopiert sich häufiger mal. Zuletzt mit seinem Brexit Voting und seinem daraus resultierendem Mimimi.
    Ich fand einfach nur, dass es hier grade herrlich passte. 😄

  5. doktor von pain sagt:

    Stimmt, gut gepasst hat es. Und jeder redet mal Quatsch, nicht ur Mr. Dickinson. Da genügt ein Blick in die Kommentarspalten auf metal.de. 🙂

  6. Interkom sagt:

    Ganz ordentliche Metal Platte. Punktabzug, weil es zu sehr an Countrymusik erinnert. Zudem hätten die ein wenig mehr in die Produktion stecken können. Hört sich ja an als wären die in den sechzigern gestrandet.