Angesichts des neuen Albums „The Great News“ der Utrechter Punk/Post-Hardcore-Band JOHN COFFEY lohnt es sich, alte Vorurteile dem Schnauzbart an sich gegenüber zu überdenken. Natürlich: Der Schnorres gilt in erster Linie als Relikt aus einer anderen Zeit, das sich im Mainstream vor allem als Symbol der Spießigkeit und des sozialen Abstiegs gehalten hat; wenn aber zwei der fünf Mitglieder von JOHN COFFEY diesen vermeintlich männlichsten aller Gesichtsschmucke tragen und wenn man gleichzeitig sieht, welchen rebellischen Esprit die Band verbreitet – man sollte sich halt nicht nur von Äußerlichkeiten leiten lassen.
Kurz und gut: „The Great News“ ist rockig, punkig, ungestüm und ein wenig chaotisch. Vor allem aber liebenswert, da Alfred, David, Carsten, Richard und Christoffer sich nicht nur auf das bloße Rocken verstehen, sondern auch gediegene Stücke am Start haben: Das rabiat nach vorne preschende „Broke Neck“ beispielsweise, bei denen wohl alle Bandmitglieder den Text mitgrölen, das mit tollen Gitarrenbendings versehene „Son“ oder das zwischen chaotisch und eingängig changierende „Sinking Ship“. Oder das Zwischenstück auf einer Trompete, „Jean Trompette“, das in das mit einem eingängigen Refrain versehene „Heart Of A Traitor“ mündet. Nicht zu vergessen der vergleichsweise düstere und stimmungsvolle Abschluss „It’s Beginning To Change“.
Allerdings liegt der Fokus eindeutig auf dem Lärmen, dem Rocken, dem Rollen: Live dürften JOHN COFFEY ziemlich abräumen beziehungsweise gleich die Bühne abreißen – wie gesagt, da sollte man sich von den Schnäuzermännern nicht täuschen lassen. „The Great News“ funktioniert allerdings auch als Album und auf Albumlänge – die Songs sind stimmig, und die einzige Voraussetzung für den vollen Albumgenuss ist demnach ein beherzter Dreh am Lautstärkeregler. Bis der schnäuzertragende und penible Nachbar im wahrsten Wortsinn auf der Matte steht.
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