Jimi Hendrix - Live At Woodstock

Review

Ein Hoch auf die digitale Technik. 1999 ist der das Woodstock abschließende Auftritt der nur für dieses Festival formierten Hendrix-Band GYPSY SUN & RAINBOWS von dessen Engineer Eddie Kramer komplett neu überarbeitet worden. Auch das Bildmaterial ist auf den Stand der aktuellen Technik gebracht worden. Zusammen mit einer zusätzlichen 5.1-Mischung des erstmals vollständig veröffentlichten Auftritts ist diese Doppel-DVD das derzeit qualitativ bestmögliche Angebot, wenn man Hendrix live auf dem heimischen Sofa erleben möchte.

Innerhalb von gut eineinhalb Stunden reißt Hendrix, der in den Linsen der Kameras stetig das zentrale Element ist, ein Gitarrenfeuerwerk sondergleichen ab. Fünfzehn Stücke bietet die Band auf, darunter die schon damals als Smashhit fungierenden „Spanish Castle Magic“, „Foxey Lady“, „Purple Haze“ und „Hey Joe“. Dazwischen finden sich auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht veröffentlichte Songs wie das einleitende „Message To Love“ oder „Izabella“ sowie die legendäre, als kriegskritisch interpretierte Version der us-amerikanischen Nationalhymne „Star Spangled Banner“, die das ausgelaugte, aber sichtlich verzauberte Woodstock-Restpublikum trotzdem gerne aufnimmt.
Hendrix selbst wirkt zu jeder Sekunde des Konzertes hochkonzentriert, ekstatisch verzückt von der Wirkung der Musik, bestens gelaunt und mit der Mimik und Gestik eines großen Schauspielers gesegnet. Er dirigiert seine nicht immer fehlerfrei spielende Backingband mit manischem Perfektionismus durch das Set und schafft es trotzdem, allgegenwärtig und publikumszugewandt zu wirken. Das ist, schon rein instrumentell, eine wirklich sagenhafte Leistung, wie sie nur ganz selten für die Nachwelt festgehalten wird.

Eddie Kramer hat sich alle Mühe gegeben, das Klangbild der THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE-Alben zu rekonstruieren. Das kann man positiv oder negativ sehen – denn mit Hendrix standen nicht nur die gut wahrzunehmenden Mitch Mitchell (Drums) und Billy Cox (Bass) auf der Bühne, sondern mit Larry Lee ein zweiter Gitarrist und mit Juma Sultan und Jerry Velez zwei Percussionisten, die zumindest optisch hochaktiv gewesen sind. Von den Dreien hört man leider im Verlauf des gesamten Konzertes buchstäblich nichts, was mehrere Gründe haben kann – entweder sind die Congas und die zweite Gitarre gar nicht erst mikrofoniert worden (so siehts jedenfalls aus), Kramer hat gnädig nicht zur Atmosphäre des Auftrittes passende Spuren aus dem Mix gelassen und dem Mitschnitt damit einen Gefallen getan, oder er hat existente Spuren mutwillig in den Hintergrund gepresst, was sehr schade wäre. Andererseits würde es zur Kameraführung passen, die den Rest der Band ebenfalls fast konsequent ignoriert.

Das allerdings ist auch der einzige wirklich zu kritisierende Punkt an einem ansonsten fantastischen Komplettpaket, das zudem mit überaus interessanten Kurzdokumentationen und einer mit alternativen Schwarz-Weiß-Filmaufnahmen eines Studenten versetzten zweiten Version des Auftritts zusätzlich angereichert wurde. Die Aufmachung ist schick, die Songs sind klasse, Hendrix ist in der Form seines Lebens – ich finde, das muss man gesehen habe. Also: Blumen in die Haare stecken, das Kraut aus der Schublade holen, eine Handvoll Matsch ins Gesicht – und ab mit dem Ding in den DVD-Player.

19.04.2010
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