Jethro Tull - Thick As A Brick

Review

Wie leitet man eine Rezension zu einem absoluten Klassiker ein über den im Prinzip schon alles gesagt wurde? Vielleicht mit einem Blick in die Vergangenheit. Ende der sechziger, beziehungsweise Anfang der siebziger Jahre war England der Schmelztiegel musikalischer Innovationen. Bands wie GENESIS, KING CRIMSON oder PINK FLOYD sahen sich mit keinen Grenzen konfrontiert, erlaubt war was musikalisch gefiel. Das aus diesem freigeistlichem Musizieren entstandene Genre ist heute unter dem Begriff Progressive Rock bekannt.

Ein Teil dieser Bewegung waren und sind auch die britischen Rocker JETHRO TULL. Die 1967 gegründete Band hat nach wie vor einen Ausnahmestatus in der Musikszene. Grund hierfür ist die ständig präsente Querflöte von Frontmann Ian Anderson, seine markante Stimme, sowie das anspruchsvolle Songwriting der Band. Deuteten die ersten drei Alben schon an, welches Potential in JETHRO TULL steckt, brachten es die Briten 1971 aber erstmals mit “Aqualung” fertig ihren ureigenen Stil zu perfektionieren. Neben Hits wie “Locomotive Breath”, “Cross-Eyed Mary” oder dem Titeltrack war es vor allem die Symbiose aus Folk- und Rock-Elementen, sowie Einflüssen aus Klassik, Jazz und diversen anderen Stilen, die die Platte zu einem Klassiker macht.

Auf dem nur ein Jahr später veröffentlichtem “Thick As A Brick” gehen die Mannen um Ian Anderson sogar noch einen Schritt weiter. Das vierte JETHRO TULL Album besteht aus einem einzigen Song, der sich auf zwei LP-Seiten (respektive zwei Tracks auf der CD) aufteilt. Die Arrangements sind noch ausgewogener, die Übergänge zwischen den verschiedenen Songfragmenten viel flüssiger und die  Melodieführung einfach sensationell. Der in Gedichtform (geschrieben von Gerald Bostock – Andersons alter ego) vorliegende Text des Songs wird durch eine sofort ins Ohr gehende und immer wieder kehrende Melodie getragen, so dass trotz all der instrumentalen Feinheiten (allen voran natürlich Ian Andersons omnipräsente Querflöte), die das Album beinhaltet, es immer einen roten Faden gibt, an dem man sich als Hörer orientieren kann.
“Thick As A Brick” ist ein Werk, dem man sich vollkommen hingeben muss, um alle Facetten der Platte zu erfassen. Dazu tragen sowohl die tiefsinnigen Texte von Ian Anderson bei, als auch die Fähigkeiten der Musiker, die sich hörbar auf einem kreativen Zenit befinden. Nie vorher und auch nie wieder danach waren JETHRO TULL fokussierter und emotional packender, als auf “Thick As A Brick”. Die Briten spielen wie selbstverständlich mit den oben genannten Einflüssen und den unterschiedlichen Tempo- und Taktarten, ohne dabei den Albumfluss außer Acht zu lassen und kommen immer wieder auf den Punkt. Fest steht auch nach wie vor, das jeder Fan progressiver Rockmusik “Thick As A Brick” gehört haben muss, denn dieses Werk ist essentiell.

Was die aktuelle Wiederveröffentlichung von anderen ordinären Re-Releases unterscheidet ist nicht nur das einhundert Seiten umfassende Booklet des Albums (die Platte kommt in Buchform), sondern auch die Bonus-DVD, die das Album im einem 5.1-Mix enthält und vor allem Soundfreunde in den Wahnsinn treiben dürfte, da “Thick As A Brick” hierdurch noch mächtiger und majestätischer aus den Boxen kommt. Auch Fans, die das Album schon in verschiedenen Varianten im Schrank stehen haben, können hier erneut bedenkenlos zugreifen. Die Bonus-DVD (der Mix wurde von Steven Wilson angefertigt), das sehr informative Booklet und natürlich das Album selbst, sind optimale Kaufargumente. Ein Klassiker, den man kennen sollte.

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20.11.2012

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