2003 veröffentlichten JETHRO TULL “The Jethro Tull Christmas Album”, auf dem Songs wie „Holly Herald“ oder „A Christmas Song“ in ein JETHRO-TULL-Gewand gesteckt wurden. Ohne Christmas Feeling gab es 1999 Werk Nummer 21 Namens „J-Tull Dot Com“, welches sich zwischen Folk-, Classic- und Hard Rock bewegt. JETHRO TULL steht vor allem für die Zusammenarbeit von Martin Barre und Ian Anderson. 21 der bisher 22 veröffentlichen Studioalben wurden von den beiden Herren geprägt. 2022 heißt es unter der Fahne JETHRO TULL “The Zealot Gene“. Der Output Nummer 23 ist das zweite Werk von JETHRO TULL ohne Barre. Nur das Debüt „This Was“ musste bisher ohne das Duo auskommen.
“The Zealot Gene“ wurde ohne Martin Barre produziert
2012 endete die Kooperation Barre / Anderson und die beiden Herren produzieren Werke unter dem eigenen Namen. MARTIN BARRE’S NEW DAY beziehungsweise MARTIN BARRE BAND sowie IAN ANDERSON als Solo-Künstler oder JETHRO TULL’S IAN ANDERSON sind die Flaggen für Releases. 2020 wurde bekannt, dass Anderson an der unheilbaren Lungenkrankheit COPD leidet.
Die Rahmenbedingungen für „The Zealot Gene“ klingen wenig verheißungsvoll und deuten eher auf einen weiteren Output als JETHRO TULL’S IAN ANDERSON hin. Den Platz von Barre übernimmt Florian Opahle, wie er es bereits in früheren Jahren getan hat.
Die ersten Töne zum Opener „Mrs Tibbets“ liefern musikalisch die Trademarks zwischen Folk und melodischen Rock, welche von Anderson und JETHRO TULL zu erwarten sind. Die Stimme des 74-jährigen Anderson büßt altersbedingt an Dynamik ein und ist nicht vergleichbar mit den Werken aus den 70ern und 80ern. Weiterhin wird an den Laufzeiten der Songs ersichtlich, dass progressive, ausufernde Tracks in Richtung zehn Minuten 2022 nicht mehr zum Repertoire gehören.
Progressive, ausufernde Tracks gehören nicht mehr zum Repertoire
Akustisch dominierte Folk-Nummern wie „Jacob’s Tales“, “Three Loves, Three” oder “In Brief Visitation” sind genauso auf dem Werk zu finden, wie Folk Rock im Style der 70er Jahre.„Sad City Sisters“ oder “Where Did Saturday Go?” schlagen eine Brücke zu Alben wie „Songs From The Wood“, „Stormwatch” oder „Heavy Horses“.
Die ersten Töne von “Mine Is The Mountain” erinnern an das Intro zu „Locomotive Breath“. Der Song bleibt jedoch im Mid-Tempo, dominiert von Klavier, Flöte und Vocals. „The Zealot Gene“, „Shoshana Sleeping”, „Barren Beth, Wild Desert John“ oder ”The Fisherman Of Ephesus” knüpfen an die rockig orientierte Phase der 90er an. Zwischen den Stühlen sitzt “The Betrayal Of Joshua Kynde”. Der Versuch, dem Song einen leicht progressiven Touch zu geben wird durch das dominante Klavier eliminiert.
Anderson und JETHRO TULL schaffen Brückenschlag
Im Gegensatz zu andere in die Jahre gekommenen Bands schaffen Anderson und seine Mannen mit “The Zealot Gene“ einen Brückenschlag zu den folkdominierten Werken der späten 70er und den rockigen Alben der 80er und 90er. Eine Orientierung in Richtung der progressiven Klassiker wie „Thick As A Brick“ oder „A Passion Play“ wird aufgrund der in die Jahre gekommenen Vocals vermieden.
2022 liegt der Fokus auf den Lyrics und dem Mitteilungsbedürfnis von Anderson. Die Songs sind für JETHRO-TULL-Verhältnisse einfach gestrickt und laufen ohne großen Überraschungseffekt durch. Werk Nummer 23 ist kein uninteressantes Alterswerk und wird seine Fanbase finden. Schwächen im Gesang sowie die fehlende Progressivität und Dynamik bleiben jedoch nicht verborgen.
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