Jeff Beck - Live+

Review

Der alte Mann und die Gitarre. Mit stolzen 71 Jahren ist JEFF BECK aber noch immer topfit an seiner Klampfe, was sein aktuelles Livealbum “Live+” eindrucksvoll unter Beweis stellt. Wo der letzte Studio-Output “Emotion & Commotion” von Herrn Beck sehr auf Atmosphäre setzte und über weite Strecken dementsprechend ruhig daher kam, explodiert das neue Werk des Briten quasi vor Energieentladungen.

Zwar startet der Meister mit “Loaded” relativ verhalten in seinen Konzertmitschnitt, kredenzt dem Hörer direkt im Anschluss mit “Morning Dew” aber harten Bluesrock vom Feinsten. JEFF BECK verlangt seiner Gitarre alles ab (u.a. in “You Know You Know”) und ist ein ganzes Milchstraßensystem davon entfernt, zum alten Eisen zu gehören. Mit seinem Intimus Jimmy Hall (sang u.a. auch auf Becks 1985er Album “Flash”), Bassistin Rhonda Smith, Drummer Jonathan Joseph und Gitarrist Nicolas Meier hat JEFF BECK zudem eine saustarke Truppe um sich geschart, die Beck genau den Raum schaffen, den er braucht, um sich an seiner Strat richtig auszuleben. Die steht natürlich während der ganzen Show im Vordergrund, degradiert die anderen Instrumente jedoch nicht zu schmuckem Beiwerk. “Superstition”, “Hammerhead” vom letzten Album, “Rollin’ And Tumblin’” oder die genialen “Little Wing” und “Going Down” zeigen eine perfekt eingespielte Band, die sich ihrer Stärken wohl bewusst ist. Wie auch schon auf seinen Studioalben liegt der Reiz einer beckschen Performance auch in den wenig konventionellen Songstrukturen, bzw. Stilen. JEFF BECK war nie jemand, der sich nur auf einen Stil festlegte und gerne herum experimentierte. Genau diese Überraschungsmomente hält auch “Live+” ein ums andere Mal bereit. Hier ein wenig Fusion, dort ein wenig Jazz. Das alles wird wunderbar in das Bluesrockkorsett eingewoben, sodass es immer wieder neue Facetten für den Hörer zu entdecken gibt. Neu sind auch die beiden Songs “Tribal” und “My Tiled White Floor”, die quasi das Plus im Titel darstellen. Beide Stücke sind sehr modern gehalten und fallen dadurch ein wenig aus dem Gesamtbild, das die Platte bislang vermittelt hat. Man könnte von Stilbruch sprechen, aber wir haben es hier ja mit JEFF BECK zu tun, von daher passt diese Vokabel nicht. Der alte Mann erweitert einfach abermals sein Spektrum.

Zwar gefallen mir die neuen Stücke nicht so sehr wie das Livematerial, aber ich kann die Entwicklung durchaus nachvollziehen und somit auch die Daseinsberechtigung der Stücke attestieren. Für Fans von JEFF BECK ist “Live+” ein Pflichtkauf. Wer darüber hinaus auf ehrlichen Rock steht, macht mit dem aktuellen Livealbum der Gitarrenlegende einen guten Fang.

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21.07.2015

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