Japanische Kampfhörspiele - Rauchen Und Yoga

Review

„Der Angriff Startet“. Finden jedenfalls die Jungs von JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE und steigen mit dieser Kampfansage als Opener in ihr neustes Album „Rauchen Und Yoga“ ein. „We Will Rock You“, frei interpretiert von JaKa, unterlegt mit Lauten eines scheinbar begeisterten Publikums; textlich allerdings weit härter und kritischer. Bandtypisch. Nach dem kurzen Streifzug in QUEENsche Gefilde geht der Song dann erst richtig los. Nicht sonderlich abwechslungsreich, zugegeben, aber charmant und einprägsam: Dominiert von einem absoluten Brecherriff – das so, was ich erstaunt zugeben muss, auch bei RAMMSTEIN vorkommen könnte – und Drumming im Midtempo zeigt sich „Der Angriff Startet“. Wie gewohnt gibt es Growls und verzerrtes Gekeife im steten Wechsel, man fühlt sich somit gleich heimisch auf der neuen JaKa. Gut, eine Erleuchtung ist er nicht, der Opener – dafür aber ideal gewählt, da durch simplen Songaufbau bestechend eingängig.

Wer jetzt fürchtet, die Band sei vom Altbewährten abgekommen und siedele sich nunmehr bei Midtempo zum Mitschunkeln und Ohrwurmriffing an, der sei allerdings beruhigt; wo „Rauchen Und Yoga“ draufsteht, ist JaKa drin. Nichtsdestotrotz gehen die Jungs auf diesem Album recht oft vom Gas runter und walzen die heuchlerische Gesellschaft gemächlicher nieder. Popgrind soll man das laut Info nennen – mit einem Augenzwinkern ist das sicher legitim, nichtsdestotrotz bleibt die Band Grindcore mit Deathanleihen, oder auch Grindpunk. Besonders inhaltlich ist „Rauchen Und Yoga“ exemplarisch und kann als repräsentativ für die Band betrachtet werden. Der Silberling ist nicht nur eine CD, sondern – wie die vorigen Alben auch – ein Spiegel, dem die Band der Gesellschaft vorhält. Knallhart und direkt in die Magengrube zielen die JAPANISCHEn KAMPFHÖRSPIELE, dabei extrem zynisch und immer auch mit einer gehörigen Portion bissigen Witzes.
„Sie prangern Missstände an, in Haute Couture gekleidet. Sind Highendesser an reich gedecktem Tisch. Sind übersättigt und unterfordert. Präsentieren vor allem sich“, bemängeln die Musiker in „Hungerhilfe“. Typisch. Typisch ist auch, dass das Publikum sich nach dem Hören des Albums fragen wird, wo diese zivilisierte Erste-Welt-Gesellschaft in ihrem Konsumwahn, ihrer Darstellungsgeilheit und ihrem kranken Handeln überhaupt steht. Den Spiegel halten JaKa so konsequent vor, wie es der Lehrer in Frischs Andorra lange nicht zu tun vermochte. Schmunzeln muss man beim Hören nichtsdestotrotz immer wieder. Dafür sorgen alleine schon Liedtitel wie „Komm, Wir Drehen Einen Porno“. Oder auch das mit Telefonbandansagen versehene Instrumental „Kundenbetreuer“, das mich übrigens ein wenig an „Excrementory G. Punkt“ von den GRINDFUCKERS erinnert. Auch musikalisch zeigt die Band sich gewohnt hochwertig: Grind-Blast-Attacken, deren Geprügel das Herz eines jeden Liebhabers erfreuen wird, bestechende Vocals und eine rundum gelungene Gitarrenführung sind die Stärken des Albums. Hinzu kommt eine ordentliche Menge Abwechslungsreichtum, zusammengepresst auf etwa eine bis drei Minuten Kurzsong; exakt und mit viel Fingerspitzengefühl platzierte Breaks, unerwartete Pausen und stimmungsvolle Tempowechsel, das sind die eindeutigen Stärken von „Rauchen Und Yoga“. Die allerdings hatten auch die vorigen JaKa-Alben schon – grade rhythmisch weiß die Band sich seit jeher besonders hervorzutun. Herausstechen tut das aktuelle Werk nur mit der Produktion, die ist dafür aber wirklich überzeugend. Klar, fett und mächtig drückend schallt die musikalische und verbale Zertrümmerung gesellschaftlicher Fantasien aus den Boxen, klingt dabei aber dennoch absolut lebendig und organisch. Kurzum: Ein optimales Klanggewand.

Genre-Liebhaber sollten in „Rauchen Und Yoga“ definitiv reinhören, für Fans der Band ist die Platte sowieso ein Muss. Allerdings, und das gehört zum Schluss noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt, ist dieses sicher nicht das beste Album der Band. Der Charme, den Knaller wie „Hardcore Aus Der Ersten Welt“ oder „Fertigmensch“ versprühten, wird mit der aktuellen Scheibe nicht erreicht. Ein wirklich gutes Album ist es dennoch.

05.10.2007
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