Ivar Bjørnson & Einar Selvik - Skuggsjá

Review

Wenn sich zwei erfahrene, alteingesessene Musiker eines Genres zusammenfinden, um ein gemeinsames Projekt zu starten, sollte man als Fan dieser Musiker oder Genres generell die Augen offen halten. Handelt es sich dann noch um zwei Musiker vom Kaliber eines Ivar Bjørnson (ENSLAVED) und eines Einar Selvik (WARDRUNA), dann erst recht. Genau dieser Fall ist nun eingetreten, denn Bjørnson und Selvik veröffentlichten gestern das Debütalbum ihres gemeinsamen Projektes SKUGGSJÁ.

Zum ersten Mal machten SKUGGSJÁ Ende 2014 auf dem Eidsivablot Festival in Norwegen auf sich aufmerksam. Da sich die vorgetragene Musik schnell großer Beliebtheit erfreute und viele Leute das Projekt interessant fanden, entschlossen sich Bjørnson und Selvik, SKUGGSJÁ einem breiteren Publikum zuteil werden zu lassen. Eine gute Entscheidung, denn das selbstbetitelte Debütalbum der Band ist ein musikalisches Machwerk, das sich erfrischend vom gängigen Black- und Pagan-Metal-Einheitsbrei abhebt. Schlicht gesagt kombinieren SKUGGSJÁ auf diesem Album traditionelle norwegische Instrumente (Knochenflöten, Tagelharpa, Kravik-lyre, Hörner und weitere) mit der Rohheit des Black Metals. Klingt wie die Umschreibung einer beliebigen Folk-Black-Metal-Band? Sicher, SKUGGSJÁ sind aber genau das nicht. Insbesondere die Folk-Momente sind derart glaubhaft, intensiv und stimmungsvoll umgesetzt, dass man als Hörer ohne Umschweife gefesselt wird.

Ein Beispiel? In „Tore Hund“, dem vierten Song von „Skuggsjá“, werden Flöten, Percussions und Klargesang in norwegischer Sprache aufgetischt, die unterschwellig von E-Gitarren begleitet werden. Dabei baut sich eine harmonische Stimmung auf, die den Hörer gedanklich, sofern er sich auf das Album einlässt, an das Lagerfeuer eines Wikinger-Lagers versetzt, in dem gerade der Natur und den Göttern gehuldigt wird. Wie weiter oben erwähnt, sind es eben diese Songs mit hohem Folk-Anteil, die „Skuggsjá“ so monumental, so anders, so frisch und glaubhaft werden lassen. „Rop Fra Røynda – Mælt Fra Minne“ ist ein weiterer Beleg dafür: Erneuter Klargesang, Rabengeschrei im Hintergrund, leise Flöten, seltene Akzente der Gitarre und mehrstimmige, kaum hörbare Gesänge – man kann vor so viel dichter Atmosphäre wirklich nur den Hut ziehen. SKUGGSJÁ bieten enorm vielschichtige Songs, die bei jedem Hören neue Elemente preisgeben.

Warum bekommt „Skuggsjá“ dann keine acht oder gar neun Punkte? Das ist der simplen Tatsache geschuldet, dass die eher untergeordneten Black-Metal-Parts zum Teil nicht zünden. Am Anfang von „Makta Og Vanæra, For All Tid “ bekommt der Hörer ein Singlenote-Riff serviert, das zwar nicht schlecht gemacht ist, aber auch niemanden vom Hocker reißt. Der Fakt, dass ganze zwei Minuten auf diesem Riff herumgeritten wird, lässt es nach mehrmaligem Hören zu einer fast nervigen Angelegenheit verkommen. Schade, denn der Rest des Songs ist gut gemacht. Schrei- sowie Klargesang, schnelle, kühle Black-Metal-Riffs, man kommt sich fast vor, als würde man eines der älteren ENSLAVED-Alben hören. Auch „Skuggeslåtten“ wird erst ab der Mitte interessant. Davor gibt es mehrstimmige, melodisch agierende Gitarren zu hören, die nett gemacht sind, sich an der Erhabenheit der nachfolgenden düsteren Riffs und Flöten allerdings die Zähne ausbeißen.

Als Fazit bleibt zu sagen, dass „Skuggsjá“ ein sehr interessantes Album der anderen Art ist, das man so nicht alle Tage zu hören bekommt. Die durchdachten, fantastisch umgesetzten Songs mit hohem Folk-Anteil sind ein Muss für Folk-affine Metalfans. Die zum Teil an die hohe Qualität dieser Folk-Parts nicht heranreichenden Black-Metal-Riffs, werten das Album zwar etwas ab, ihr solltet euch davon allerdings nicht abschrecken lassen. SKUGGSJÁ haben ein Album im Gepäck, das man definitiv gehört haben sollte und das auch auf lange Sicht nicht langweilig wird.

12.03.2016
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