ISVINDs Debüt „Dark Waters Stir“ muss zu den Klassikern des Norge-BM der 90er Jahre gezählt werden. Dem griechischen Kleinlabel Kyrck Prod., das bereits das 2011 erschienene Zweitwerk des Duos auf Vinyl veröffentlicht hat, kommt nun das Verdienst zu, eine Neuauflage dieses noch viel zu wenig bekannten ersten Albums von 1996 bewerkstelligt zu haben. Vielleicht trägt man damit bei, dass diese Aufnahmen die Wertschätzung erfahren, die sie verdient haben. Bisher klappte das nur bedingt, und die mutmaßlichen Gründe dieses misslichen Umstandes sind in der Rezension von „Intet Lever“ und dem dazugehörigen Interview nachzulesen.
ISVINDs wieder erstandenes Debütalbum erreicht uns als Normal-CD, als LP und als CD in einem A5-Digibook, das zwar ohne Texte, aber in verschiedenen zur Auswahl stehenden Oberflächen daherkommt. Zu hören gibt es fließenden, überwiegend schnellen, hochgestimmten und flach produzierten BM, der bei aller Härte ganz deutlich auf Atmosphäre bedacht ist. Die Stücke sind überraschend vielfältig, mit vielen Tempowechseln und einer ganzen Reihe von Melodien versehen, die schnell hängenbleiben. Sporadische Akustikeinsprengsel tun ihr Übriges, um den Geschichten über knorrige Hexenwälder und Poltergeister in verfallenen Hütten musikalischen Ausdruck zu verleihen. Zudem wurden die Songs der 1995 auf Solistitium Rec. erschienenen, selbstbetitelten EP als Bonus angehängt, die allein schon den Kauf dieser CD rechtfertigen. Rau, eisig, melancholisch und erhaben wie die winterkalten Nadelwälder Nordeuropas. Altertümlich, obskur und bezaubernd wie Märchen und Sagen. Die Produktion der EP ist außerdem kräftiger als die des Albums, was den Songs gut zu Gesicht steht.
Zugegebenermaßen reichen ISVIND nicht ganz an die ikonischen Norweger-Alben zwischen 1992 und 1996 heran. Stilprägende Großtaten wie etwa „A Blaze…“, „Nemesis Divina“ oder „Bergtatt“ haben ein ganz unverwechselbares Flair, das sie noch aus der Klasse der sehr guten BM-Aufnahmen heraushebt. „Dark Waters Stir“ zeigt mehr Parallelen zu den Alben einiger ihrer Landsleute und wirkt wie das weniger radikale Geschwisterkind von „Nattens Madrigal“. Und auch wenn Musiker dazu neigen, über Vergleiche ihrer Musik mit anderen Bands und Alben zu grummeln, da sie natürlich total individuell sind, ist die behauptete Nähe zum letzten Teil der Ulver-Trilogie eine ganz ehrenwerte Sache und als Kompliment zu verstehen. Die gelungene Kombination von maßloser Grimmigkeit, verhaltener Melodik und allgegenwärtiger Romantik ist eben selten anzutreffen und aller Achtung wert.
Die 96er Erstauflage von „Dark Waters Stir“ zeigte das Bandlogo vor weißem Hintergrund, was recht hübsch, aber auch etwas simpel wirkte. Für den LP-Rerelease wurde nun dieses Cover mit dem schönen Artwork der 95er EP ersetzt, die Songs dieser Platte sind aber nicht enthalten. Angesichts der Qualität dieser drei Stücke ist das ein klarer Nachteil gegenüber der CD-Version. Immerhin liegt der LP ein Poster des Titelbilds im A3-Format bei. Insofern: 9 Punkte für die CD, 8 Punkte für die LP.
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