Istapp - Blekinge

Review

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No Fashion war ein Stockholmer Label, bei dem sich zwischen 1992 und 2003 so ziemlich alles versammelte, was im schwedischen Black und Black/Death Metal Rang und Namen hatte, und nur das. Ein Auszug aus dem Releaseprogramm liest sich wie das Who-is-Who der damaligen Zeit: MARDUK, DARK FUNERAL, DISSECTION, LORD BELIAL, MÖRK GRYNING, VINTERLAND, THRONE OF AHAZ, ALLEGIANCE und viele ähnliche Kaliber haben dort richtungsweisende Alben veröffentlicht. Mit No Fashion ist um 2003 nach dem letzten MÖRK GRYNING-Album seltsamerweise auch ein ganzes Genre in der Versenkung verschwunden und durch orthodoxe Bösetuerei ersetzt worden: das des melodischen schwedischen Black Metals.

Wieso ich das alles erzähle und nicht einfach loslege? Weil das gesagt werden muss, damit verständlich ist, wieso mich ISTAPPs Debüt „Blekinge“ so verzückt. Die Platte klingt, als wäre sie zwar vor ein paar Monaten aufgenommen worden, aber Ende der 90er entstanden – mindestens aber im Geist der damaligen Zeit, mit eigentlich unerträglichem, aber herrlich nostalgischem Geschwafel vom ewigen Winter, Musik machenden Göttern des Nordens und grausamem Kampf gegen alle Sonnenanbeter, und das alles ausschließlich auf Schwedisch. Markige Worte – und dafür eine erstaunlich melodische Platte.

Ohne langen Vorlauf lassen die drei Schweden mit „Vinterriket“ einen Ohrwurm von Black Metal-Song vom Stapel, in dem nicht nur ausschließlich melodische Riffs erster Klasse miteinander verwoben sind, sondern auch ein wirklich catchy Refrain direkt ins Ohr geht. Dann leiten IMMORTAL-like Elektroakustikgitarren „Köldens Union“ ein, der bis auf den sehr charmanten cleanen Gesang auch durchaus von frühen DISSECTION stammen könnte, auch wenn er im Vergleich zum sehr fixen Opener eher getragen ist. So geht das noch ein halbes Dutzend Tracks weiter – jedesmal überraschen ISTAPP mit einer zündenden Melodie, einem bestechenden Riff, einem mitsingbaren Gesangspart („I Väntan På Den Absoluta Nollpunkten“), einem eiskalten Gänsehautintro („Evig Köld Koncentrerad“), einer folkigen Akustikgitarre („Fjällhöga Nord“) oder einer trolligen Flötenmelodie („Snö“).
Obwohl ihr Stil von den oben genannten Bands her, aber auch von zum Beispiel NAGLFAR oder den völlig vergessenen VARGAVINTER her seltsam vertraut wirkt, sind ISTAPP mit ihrem Mix aus melodischem Black Metal, Heavy Metal-Riffing und folkigen Melodieführungen, eingepackt in knackigen Dreieinhalbminütern, genau der frische Eiswind, den das in drittklassigen WATAIN-Klonen erstickende Schweden derzeit gebrauchen kann.

Fairerweise muss man zugeben, dass auch „Blekinge“ nicht zu verhehlende Schwächen hat – das fängt damit an, dass die letzten vier Songs, darunter leider auch der Titelsong, stilistisch und qualitativ ein Stück abfallen (der mit einem Symbol betitelte neunte Track wirkt wie ausgemustertes KAMPFAR-Material). Das ist ganz besonders ärgerlich, wenn man bedenkt, dass „Blekinge“ bis auf zwei Songs sowieso nur Material enthält, das seit 2005 schon auf drei Demos und 2007 noch einmal zusammengefasst als „Köldens Union“ erschienen ist. Auch die selbst gestemmte Produktion, die vermutlich zum beinhart bis zur Albernheit durchgezogenen Winterglorifizierungskonzept passend eisig sein soll, ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Das Drumkit (wenn es eines ist, es könnte fast eine gut programmierte Konserve sein) klingt bis auf die völlig übertriebenen Toms zu höhenlastig und dünn, die Gitarren für meinen Geschmack etwas zu digital. Aber hey, was solls, so war das alles in den 90ern ja auch, und wir fanden’s trotzdem geil. Und das ist es erstaunlicherweise auch 2010 noch.

20.05.2010

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