Da sind sie, da erklingen sie, die neuen Töne eines Sprösslings des finnischen Ausnahme-Labels „Blood Music“. Diesmal vertreten durch IRREVERSIBLE MECHANISM, der zweiten (nach SERDCE) weißrussischen Band, die über das Label vertrieben wird.
Das Trio bildet sich aus Yaroslav Korotkin, Vladislav Nekrash und Lyle Cooper, der die letzten beiden THE FACELESS-Alben eingetrommelt hat und der prominenteste Musiker der Band sein dürfte. Die beiden für’s Songwriting verantwortlichen Saitentänzer, sehen ihr Griffbrett als Zirkuszelt und führen wahre Akrobatenkunst darin auf. Ich spreche hier nicht von ausartenden Solo-Feldzügen, nein, die Songs sind einfach von vornherein entweder sehr schnell, rhythmisch vertrackt oder anderweitig komplex angelegt. Trotzdem nehmen sich die Musiker Zeit für atmosphärische Passagen und vor allem Details. Hier ein Drum-Fill, dort ein Basslauf, hier noch ein Bending oder eine besondere Harmonie. Es steckt wirklich enorm viel Liebe in den Kompositionen.
IRREVERSIBLE MECHANISM spielen progressiven Death Metal. Mal sehr technisch, mal sehr melodisch aber immer atmosphärisch und mit Blick auf den Song. Als Alleinstellungsmerkmal hat die Band neo-klassische Elemente im Gepäck. Diese bilden leider den einzigen wirklichen Wermutstropfen: Ein Keyboard kann einfach keine echten Instrumente, geschweige denn einen Chor ersetzen. Hoffentlich, denn das würde ich der Band von ganzem Herzen gönnen, stehen ihnen für das nächste Album eine echte Orgel und echte Streicher zur Verfügung.
Trotz alledem sind die „orchestralen“ Parts unverzichtbar für die Musik der Weißrussen. Insbesondere der Dialog zwischen brutalem Metal und orchestralen Harmonien sorgt vermehrt für genaues Hinhören und steigert den Wiederhörwert enorm. Zur Höchstform läuft diese Symbiose in „Agony“ auf. Dreiklangszerlegungen auf der Gitarre, gepaart mit Blastbeats und harten, rhythmischen Riffs; all das fußt auf schwebenden Keyboardharmonien und ergießt sich schlussendlich in einem gigantischen, hochmelodischen Gitarrensolo.
Auch der Quasi-Opener „Into The Void“ ist ein wahres Monstrum von einem Song. Zu Beginn meint man noch DIMMU BORGIR zu vernehmen, doch spätestens mit Einsetzen der ersten Strophe manifestieren die Musiker ihre eigenen Stärken. Ich habe wirklich selten abwechslungsreicheren und dermaßen fesselnden Death Metal gehört.
Genauso ist „Outburst“ ein wahres Festmahl für Freunde progressiven Todesstahls. Aus dem von Orgelklängen getragenen Mittelteil schrauben sich Gitarren empor, werden von den Drums in Empfang genommen und über eine kurze Zäsur auf der Akustikgitarre schreitet der unumkehrbare Mechanismus zum finalen Solo. Derlei Momente finden sich häufig auf dem Album und der Hörer kann sich jedes mal an deren einladende Warmherzigkeit erfreuen.
Das Album schließt mit wohligen Gitarrenklängen und Windgeräuschen. Dabei erzeugt es genau das, was ich mir von einem Songtitel wie „Cold Winds“ erhoffe. Nämlich, dass ich als Hörer auch spüre, was mir die Musiker mitteilen wollen. Mit diesem kühlen aber gleichzeitig freudigen Gefühl höre ich das Album gern noch viele, viele Male und mir wird mit jedem Durchlauf eine andere, kleine Nuance auffallen.
Was die Vocals anbelangt, so sind die Growls gutklassig aber nichts Besonderes und auf Klargesang wurde komplett verzichtet. Hier wird der kontrastierende Part durch das Keyboard und die dynamische Gitarrenarbeit übernommen. Das Artwork von Par Olofsson, der bereits Arbeiten für BEYOND CREATION, PSYCROPTIC oder CULT OF LUNA vorweisen kann, ist ebenfalls ausgezeichnet gestaltet und vermag das famose Album angemessen zu kleiden.
Zusammengefasst ist „Infinite Fields“ eines der besten Dokumente progressiven und technischen Death Metals, das ich bis dato hören durfte. Es sind einfach die Kleinigkeiten, die „Infinite Fields“ auszeichnen und zu einem grandiosen Gesamtbild werden lassen: die Schlagzeug-Akzente von Lyle Cooper, die ruhigen Passagen in denen die Musiker genau so aufgehen wie in den High-Speed-Exzessen sowie die orchestralen Klangflächen (auch wenn sie noch dem leidlichen Plastikklavier entsteigen). Zudem wurde der Silberling von Produzent Sami Raatikainen (NECROPHAGIST) sehr warm und organisch abgemischt.
Absolute Hammerplatte. Ich hätte nicht gedacht, dass es mal eine Band aus dem russischsprachigen Raum schaffen wird (angesichts der unzähligen scheußlich schlechten Black Metal Sachen aus der Zone), mit der Spitze der Tech Death Szene mitzuhalten. Absolute Empfehlung! 9/10
Sehr schöne und auf den Punkt gebrachte Rezension. Kann mich einfach nur den Ausführungen des metal.de-Rezensenten anschließen. Hoffe auf ein baldiges Zweitwerk der Band.