Iron Maiden - Iron Maiden

Review

1980 schwemmt die New Wave of British Heavy Metal endgültig über England und den europäischen Kontinent. Dafür ist vor allem ein Album verantwortlich: Das Debüt von IRON MAIDEN. Maßgeblich komponiert von Bassist und Bandchef Steve Harris, verbindet es Elemente aus Prog Rock, Hard Rock und Punk zu einem Heavy-Metal-Gebräu, das nicht mal die Major-Labels noch länger ignorieren können.

Dem Album voraus gehen fünf Jahre, in denen die Band jeden Pub-Gig mitnimmt, den sie kriegen kann und Harris das Besetzungskarussel gerne ein paar Extrarunden drehen lässt. Zur Zeit der Aufnahme sind die Mitstreiter des eigensinnigen Bassisten: Sänger Paul Di’Anno, Schlagzeuger Clive Burr und dem Gitarrenduo Dave Murray/Dennis Stratton. Di’Anno wird zudem bei zwei Songs als Mitschreiber gelistet, Murray immerhin bei einem.

Eröffnet wird die Platte vom aggressiven „Prowler“. Der Song setzt auf leicht punkige Riffs verbunden mit eingängigen Gitarrenmelodien. Auch die für MAIDEN charakteristischen Doppel-Leadgitarren sind schon zu hören. Von solch riffbetonten Songs hat die Band auf ihrem Debüt noch mehr im Gepäck: „Sanctuary“ und „Charlotte The Harlot“ etwa fallen auch in diese Kategorie. Neben den Riffs, ist es vor allem der Gesang von Di’Anno, der IRON MAIDEN musikalisch immer wieder auf den Punk schielen lässt.

Das Können siegt

Doch allein die virtuosen Soli des Duos Stratton/Murray überflügeln alles, was die Gitarristen der aktuellen Punkbands technisch drauf haben und etablieren den Sound von MAIDEN unmissverständlich als Heavy Metal (obwohl das „Sounds“-Magazin es noch anders sieht). Auch kompositorisch zeigt die Band bereits, dass für die Zukunft mehr als roher Heavy Metal angedacht ist.

Das balladeske „Remember Tomorrow“ kommt mit leicht psychedelischen Zügen daher und „Phantom Of The Opera“ ist quasi die Geburtsstunde des MAIDEN-Epics. Beide Songs gehen weit über die Länge eines radiotauglichen Songs hinaus. Steve Harris macht keinen Hehl daraus, dass U.F.O. und WISHBONE ASH zu seinen Haupteinflüssen zählen und ihn Mainstreamkompatibilität wenig interessiert.

Zwei absolute Konzertevergreens hat die Platte auch noch zu bieten. „Iron Maiden“ beschließt den regulären Teil eines jeden MAIDEN-Konzerts, bevor es in den Zugabenteil geht. Dank eines treibenden Drumbeats und eines eingängigen Refrains, macht er die Textzeile „Iron Maiden’s gonna get you, whever you are“ augenblicklich wahr. Der zweite bis heute gern gesehen Gast einer IRON MAIDEN-Setlist ist „Running Free“. Live öfter mal auf zehn Minuten gestreckt, besticht der knackige Song durch einen unnachahmlichen Mitgrölrefrain.

Zwei Schwachpunkte hat das Songmaterial aber leider auch zu verzeichnen. Das Instrumentalstück „Transylvania“ zeigt zwar das Können der beteiligten Musiker, dümpelt aber auch höhepunktslos vor sich hin. Das darauffolgende „Strange World“ kommt ebenfalls nicht so richtig zu Potte. Zudem machen sich Di’Annos gesangliche Grenzen bemerkbar.

IRON MAIDEN blicken unzufrieden zurück

Ein Streitpunkt des Albums ist zudem oft die Produktion. Steve Harris und Paul Di’Anno lassen in den Jahren nach Veröffentlichung der Platte kaum ein gutes Haar am Sound von Produzent Will Malone. Der wiederum ist verwundert und sagt, dass die Band während der Aufnahmen nie Kritik an seiner Arbeit geübt habe. In jedem Falle aber ist die übermäßige Kritik seitens der Bandmitglieder völlig unberechtigt.

Vielleicht ist es wirklich nicht der Sound, den sie sich vorgestellt haben und natürlich ist die Produktion nicht mit der von späteren MAIDEN-Platten zu vergleichen. Aber schlecht geht definitiv anders. Die Leadgitarren klingen an manchen Stellen etwas dünn. Doch gerade der kratzige Sound der Rhythmusgitarren verbreitet einiges an Charme und auch Di’Annos Stimme wird sehr gut in Szene gesetzt.

Trotz allen Lobs ist „Iron Maiden“ noch nicht auf dem Niveau späterer Großtaten der Band. Der Großteil der Songs überzeugt und auch der Sound ist schon zu gebrauchen. Steigerungspotential ist aber auch an einigen wenigen Punkten erkennbar. Dass die Band das zu nutzen weiß, zeigt bereits ihr zweites Album. Aber das ist eine Geschichte für ein anderes Mal.

04.10.2017

"Irgendeiner wartet immer."

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