Iron Maiden - A Matter Of Life And Death

Review

Unerwartet, dass war das erste Wort, welches mir beim Anhören der neuen IRON MAIDEN Platte „A Matter Of Life And Death“ in den Sinn kam. Denn eines darf gleich vorweg genommen werden, so progressiv klangen die Eisernen Jungfrauen wirklich nur selten. Natürlich ist es jetzt nicht so, dass DIE Metalband schlechthin ihre Trademarks über Bord geworfen hat, nein, der Teufel steckt eher im Detail. Auch anno 2006 zocken die Briten noch in klassischer Form, verbinden allerdings auf ihrem neuesten Wurf Tradition mit Innovation, und das mehr als nur gekonnt, was man in dieser Klasse sicherlich nicht unbedingt erwarten konnte. „A Matter Of Life And Death“ darf man am Ehesten mit dem bandeigenen Überalbum „Seventh Son Of A Seventh Son“ oder aber auch dem nicht minder schlechten Klassiker „Piece Of Mind“ vergleichen. Die redlich erarbeitete riesige Anhängerschaft dürfte daher zugleich überrascht und zufrieden sein.

Doch kommen wir nun zu den neuen Stücken der englischen Metalflagschiffes im Einzelnen: Der Opener „Different World“ rockt straight geradeaus und ist mehr als nur eingängig, das Stück setzt sich mit seinen genialen Hooklines und Bridge sofort im Hirn fest. Mit dreistimmigen Leads und einem etwas tieferen Gesang von Bruce ein wirklich gelungener Anfang! Es geht weiter mit dem etwas mystischem Intro von „These Colours Don’t Run“, dieser Song ist ein wahrer Hit mit anspruchsvollen Strukturen, epischem Mittelteil und interessanten Keyboard-Passagen. Das fast neunminütige Monstrum „Brighter Than A Thousand Suns“ beginnt ebenfalls mit einer (ruhigen) Einleitung, welche sich immer mehr steigert. Die Gitarren riffen sehr vielseitig, der Rhythmus variiert des Öfteren, die Stimmungen wechseln, und die Dynamik ist einfach unglaublich. Am Besten sind jedoch die wirklich ausgefeilten und atemberaubenden melodischen Leads und Soli. Der Gesang ist schön düster und dramatisch. Weiter geht es mit dem Uptempo-Stück „The Pilgrim“, welches sehr dynamisch beginnt mit komplexem, orientalisch angehauchtem Riffing. Dieser Song weckt Erinnerungen an „Powerslave“ und zeigt IRON MAIDEN einmal mehr von ihrer ganz klassischen Seite mit den melodischen Leads, aber dabei auch recht innovativen Seite in Form der progressiven, orientalischen Melodiebögen.

„The Longest Day“ startet ebenfalls mit einem atmosphärischen und sich immer weiter steigerndem Intro. Vielschichte, detailverliebte und anspruchsvolle Arrangements treffen auf einen rockigen, hymnischen Refrain, das Stück sollte Live ein echter Knaller sein! Weiter geht es mit der Halbballade „Out Of The Shadows“ mit unglaublich gutem und starkem Gesang von Meister Bruce, fettem Groove sowie den schönsten melodischen Leads und Soli, die man sich eigentlich wünschen kann. Einige Gitarrenpassagen haben gar Seventies-Vibes! „The Reincarnation Of Benjamin Breeg“ beginnt ebenfalls mit einer sich steigernden Einleitung und zeigt viele unterschiedliche Stimmungen. Genial sind hier wieder die orientalischen Melodien im Mittelteil sowie die interessanten Songstrukturen. Mit „For The Greater Good Of God“ legen IRON MAIDEN ein geniales Stück in der Tradition von „Dance Of Death“ vor, welches mit einer besonderen Atmosphäre und gefühlvollem Gesang verzaubert. Aufhorchen lassen vor allem aber auch die gekonnten, progressiven Gitarrenleads, die filigranen Soli und die vielen Breaks. Der epische Song steigert sich von Minute zu Minute, ohne dass die Spannung auch nur ansatzweise verloren geht. Es folgt das ziemlich harte und vorwärts treibende „Lord Of Light“, welches aber zunächst recht langsam, beschaulich und hypnotisierend beginnt. Auch hier wurde wieder ein gekonnter Mittelteil eingebaut. Im epischen „The Legacy“ findet sich dann das Finale, welches akustisch und mit an einen Barden erinnerndem Gesang beginnt. Das Stück steigert sich langsam, wobei die Spannung durch dynamische Einschübe enorm gesteigert wird. Der Song setzt sich recht getragen fort und Bruce zaubert mal wieder seine genialen Hooks.

Solch ein geniales Album hatten sicherlich die wenigsten erwartet. Jedoch muß man etwas Zeit mitbringen, die einzelnen Songs wachsen nämlich von Mal zu Mal immer mehr. „A Matter Of Life And Death“ reiht sich ohne Probleme in die Liste der ewigen Klassiker von IRON MAIDEN ein und übertrifft die letzten Veröffentlichungen um Längen. Denn soviel Detailverliebtheit und Verspieltheit gemischt mit Atmosphäre gab es schon seit Ewigkeiten von dieser Band nicht mehr. Das kompositorische Niveau wurde jedenfalls enorm angehoben, die progressiven Songs mit teilweise epischen Ausmaßen sind jedenfalls teils sehr komplex, abwechslungsreich und vielschichtig. Hinzu kommt noch die wirklich gute, organische, differenzierte und transparente Produktion von Kevin Shirley. Pflichtkauf für alle Maiden-Anhänger!

11.09.2006

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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