Iotunn - Access All Worlds

Review

Soundcheck Februar 2021# 10 Galerie mit 40 Bildern: Iotunn - Summer Breeze Open Air 2023

Geschmäcker sind im Metal ein beliebtes Streitthema. Fragt nur einmal die Kommentatoren, die sich regelmäßig dies- und jenseitig unter Black-Metal-Besprechungen über Sinn und Unsinn von Melodien kloppen. Diese Frage stellt sich im Melodic Death ja eher weniger. Schließlich sind Melodien ja quasi dessen Existenzberechtigung, wenn man diese als Melodiemuffel denn nicht gerade kategorisch ablehnt. Diesbezüglich gibt es ja eine Menge Leute, die den durchmodernisierten DARK TRANQUILLITY-Sound von „Moment“ hoch schätzen. Das ist absolut legitim. Aber Unsereins gehört nicht dazu. Und wie es der Beelzebub so möchte, kommt mit den in Dänemark ansässigen Metalblade-Debütanten IOTUNN eine Kapelle daher, die Melodeath-technisch Abhilfe schafft.

Die Metalblade-Debütanten IOTUNN starten direkt mit „Access All Worlds“-Bändchen durch

Eigentlich kommen die Herren ja mehr aus dem Progressive Power Metal. Die Kategorisierung dürfte sich allerdings noch mehr auf deren Debüt-EP „The Wizard Falls“ beziehen. Denn hier auf dem Full-Length-Debüt „Access All Worlds“ weht ein anderer Wind, der zwar immer noch ein bisschen Progressivität in sich birgt, aber doch deutlich heavier, erhabener und kerniger unterwegs ist. Und noch etwas Entscheidendes hat sich geändert, um mal die Brücke zur Einleitung zu schlagen: Eine der essenziellen Grundzutaten ist heuer wie angedeutet der melodische Death Metal nach skandinavischer Art. Das hat sich scheinbar nach dem Einstieg von Sänger Jón Aldará (u. a. BARREN EARTH, HAMFERÐ) 2018 ergeben und den Sound von „Access All Worlds“ entsprechend geprägt.

Die Power- bzw. heuer spezieller Epic-Komponente haben sich IOTUNN aber beibehalten. Diese wird zusammen mit den Melodeath-Elementen regelmäßig in variierenden Dosen aufgetragen, sodass die Sache durchweg dynamisch bleibt. Der Sound ist erfrischend rau und heavy geraten, dennoch tragen dezent aufgetragene Hall-, Chorus- und andere Effekte vor allem in den zurückhaltenden Passagen (z. B. „Waves Below“) zu einer fast verträumten Stimmung bei. Zudem lassen diese Effekte die ohnehin auf große Epik angelegten Hooks (der Titeltrack!) umso größer wirken, vor allem wenn sie den Gesang von Aldará so richtig schön emporheben, indem sie sein ohnehin beeindruckendes Stimmorgan zusätzlich hochskalieren.

Zwischen traumhaft melodischer Epik und urtümlicher Heaviness

Gleichzeitig sorgt der eher urtümliche Sound dafür, dass die Härte nicht zu sehr verloren geht. Diese simple Formel geht dank der souveränen Umsetzung jedoch voll auf, auch weil die Instrumentalfraktion das richtige Händchen für einen klar strukturierten, weder überladenen noch hageren Sound hat. Vor allem die Gitarrenfraktion Gräs/Gräs findet stets das richtige, dynamische Maß zwischen Druck und Melodie. Der Opener „Voyage Of The Garganey I“ holt seine Hörer damit direkt ab. Man darf sich das ein oder andere Mal – auch dank des Wechselspiels zwischen Growls und klarem Gesangs – ein bisschen an die frühen SCAR SYMMETRY á la „Pitch Black Progress“ erinnert fühlen, nur mit weniger futuristischen Vibes und deutlich mehr epischer Gravitas.

Durch die Trackliste hindurch verändert sich die Gewichtung zwischen diesen Bestandteilen, Melodie und Härte, durchweg. IOTUNN kippen das Gleichgewicht beim mit etwas über vier Minuten kürzesten Track „Laihem’s Golden Pits“ beispielsweise zu Gunsten der Härte und produzieren damit den vielleicht klassischsten Melodeath-Kracher der Platte. Auf der anderen Seite kommt „The Tower Of Cosmic Nihility“ mit modernen Grooves, vergleichsweise hohem Anteil von Klargesang und hoher Dichte an melodischen Licks daher. Dass sich diese beiden Intensitäten kategorisch nicht gegenseitig aufheben, sondern gar in einem fulminanten, dramatischen Kracher verwoben werden können, beweist unterdessen der Rausschmeißer „Safe Across The Endless Night“, der das Album würdig ausklingen lässt.

Mit einem Satz landen IOTUNN schon mal gefährlich nah am Olymp

Fakt ist, dass IOTUNN nichts wirklich neu machen. Die Mischung aus epischem Metal mit teilweise klar erkennbarer Wurzel im Power Metal („Waves Below“, „Safe Across The Endless Night“) mit Melodeath, wie man ihn beispielsweise von INSOMNIUM, aber auch BE’LAKOR und Konsorten kennt, liegt im Grunde auf der Hand. Aber die Herren machen auf „Access All Worlds“ einfach so einen guten Job darin, diese Mischung nahezu perfekt umzusetzen, dass man hier eigentlich nur seinen Hut ziehen kann. Mit Aldará haben sie sich genau das richtige Sprachrohr an Land gezogen. Zudem schlagen die Kompositionen immer wieder kleinere Haken, die den Ursprung der Band im Progressive Power Metal trotz allem deutlich erkennen lassen.

IOTUNN starten mit „Access All Worlds“ somit richtig stark durch. Daher kann man ihnen – gerade in Anbetracht dieser seltsamen Zeiten – nur eine Stabilität im Lineup und somit eine kreative Zukunft wünschen, die an das Niveau von „Access All Worlds“ anknüpft. Bis dahin aber sollte man die Platte in vollen Zügen genießen.

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19.02.2021

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Iotunn - Access All Worlds

  1. daniel sagt:

    😱die ersten songs ham mich umgehauen ! obwohl das mit der hellen stimme sonst gar nicht my cup of tea ist ! aber diese harmonische mischung beider elemente ist fantastisch gemacht ! muss ich wohl kaufen….

    8/10
  2. blackthrash sagt:

    Hab das Album erst gestern wirklich entdeckt. Die Vinyl hab ich zwar schon länger, kam aber einfach nicht dazu. Sehr geiles Album, was mich teilweise an Arcturus / Vintersorg erinnert.

    9/10