Intrinsic - Nails

Review

Ohne Scheiß jetzt, Menschheit, wie konnte DAS denn passieren? „Nails“ von INTRINSIC hat beinahe ein Vierteljahrhundert auf dem Buckel und wird erst jetzt freigelassen? Wegen des Zeitgeistes in den 90ern? Nichts gegen Grunge und Kollegen, echt nicht, aber „Here we are now, entertain us!“ hätte man mit Blick auf INTRINSIC, mit Blick auf deren zweiten Streich ruhig auch mal wörtlich nehmen können. Ohne Scheiß jetzt, Menschheit, „Nails“ ist nämlich eine Granate.

Man hört der langen Platte ihr Alter zwar zu jeder Sekunde an – aber das ist gut und nicht schlecht: Diese Mischung aus technischem, aber zu keiner Sekunde verkopften Thrash und pathosfreiem Power Metal, veredelt durch einen Strauß origineller Ideen, hat das Potenzial, auch den Nachwuchsbanger mit SLIPKNOT als Erweckungserlebnis umgehend von den alten Zeiten schwärmen zu lassen. Na ja. Kleiner Scherz. Dennoch: Die ausgeklügelten Songs mit ihren gekonnten Breaks und melodischen Bridges können viel.

Neben dem mächtigen „On Gossamer Wings“ bilden dabei die vornehmlich in der ersten Hälfte von „Nails“ platzierten Songs das stilistisch eher geradlinige Herzstück des Albums. „State Of The Union“ verbindet zum Einstieg beispielsweise wie auch „Die Trying“ die Riffgewalt Mustaines in der Strophe mit unkitischiger Epik im Refrain. Und das eher getragene „Fight No More“ spendiert dem zupackenden Grundriff viel MAIDEN sowohl im Gesang als auch in den ausgedehnten, melodischen Gitarrenpassagen.

Im Weiteren allerdings scheuen INTRINSIC auch vor funkigen Rhythmen, Sprechgesang und Gangshouts im Metal-Korsett nicht zurück. „Vicious Circle“ punktet dabei souverän als weniger überdrehter, eher ANTHRAXiger SCATTERBRAIN-Ausbruch. „Denial“ hat fast grungige Gesangsharmonien im Refrain, „Mourn For Her“ und „Inner Sanctum“ sind überwiegend ruhige, nachdenkliche Epen mit erwachsener QUEENSRYCHE-Grundstimmung und in „Cannabis Sativa“ gibt’s Spaß und Gebläse. Und das war noch lange nicht alles; an dieser Stelle allerdings im Detail und Wesentlichen schon.

Wer also, neuer Versuch, eine originale Vintage-Melange aus gebremsten TOXIK oder LÄÄZ ROCKIT, HEATHEN und MEGADETH mögen könnte, die in den flotteren Passagen auch mal mit tanzbarem Beat angereichert in Richtung NUCLEAR ASSAULT und VIO-LENCE abgeht, dann wieder an METAL CHURCH und einfach hochwertigen Heavy Metal denken lässt UND von über den Tellerrand rockenden Freigeistern dargeboten wird, der danke bitte Divebomb Records für diese Ausgrabung.

Abgerundet wird INTRINSICs famose Leistung auf „Nails“ durch ein umfangreiches Booklet mit der ausführlichen Story hinter dem Album. Nagelt mich mal nicht fest, aber das Ding hier wird innerhalb der – zugegebenermaßen wohl doch überschaubaren Zielgruppe – noch für einiges an Aufsehen sorgen. Das stimmige, breitbandige Cover von „Dazed And Confused“ erfasst die Stimmungslage des Rezensenten beim Vergleich von Entstehungs- und Veröffentlichungsdatum der „Nails“ bzw. wirft die Eingangsfrage erneut auf: Menschheit, wie konnte das passieren?

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10.11.2015

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1 Kommentar zu Intrinsic - Nails

  1. mike sagt:

    Thanks for the very kind review!