Mit ihrem vierten Album „Raw Blood Singing“ läuten INSECT ARK eine neue Ära ein. Nach drei experimentierfreudigen, instrumentalen Veröffentlichungen präsentiert sich das Avantgarde-Doom-Duo bedeutungsschwerer denn je.
Die bewusste Entscheidung, einen Teil der Songs mit Gesang zu versehen, verleiht dem Gesamtwerk eine ganz andere Konnotation als den Vorgängern, macht es vielleicht sogar ein wenig zugänglicher, ohne die Musik jedoch zu beschönigen und lässt es keineswegs herzerwärmender als die Vorgängeralben erscheinen.
INSECT ARK – berauschendes Schwimmen im Nichts
Sicherlich ist das Ganze neben einer Nuance auch eine Zielgruppenerweiterung, da sich auch viele Hörer dem Konsum rein instrumentaler Musik verschließen. Ein Track wie „The Frozen Lake“, der nach einer sanften Einleitung noch dezent mit Vocals experimentiert, geht bei „Youth Body Swayed“ schon in eine sehr zentrale Richtung, die dem Song eine gewisse Struktur vorgibt und durch ihre Omnipräsenz die Instrumentierung stellenweise überlagert und dominiert, so dass man eher konzentriert unter die Oberfläche eintauchen muss, um musikalisch alles zu erfassen.
Mit „Cleaven Hearted“ berauscht man die Hörerschaft mit einem nuancierten Instrumental, das im Zusammenspiel von schlichtem Piano und hypnotischen Gitarren als Ganzes hervorragend funktioniert. „The Hands“ ist dann für das Projekt fast schon eingängig und könnte später im Jahr auch im Indie-Radio seinen Platz finden.
Das aufgebrochene instrumentale Grundkonzept funktioniert auf dem Album sehr gut und die Nummern ohne Gesang entfalten insgesamt eine ganz andere Atmosphäre als auf den Vorgängern. Auch Schechters Stimme ist in ihrer markanten, aber unaufdringlichen Art eine echte Bereicherung für die entsprechenden Songs und auch die Platte als Ganzes.
„Raw Blood Singing“ zeichnet nach wie vor individuelle Klanglandschaften, die sich einer grundsätzlichen stilistischen Einordnung entziehen und nicht für jede Stimmungslage geeignet sind. Das Gesamtbild wird eher von einer weitläufigen Cinematik als von klaren Songstrukturen oder gar Strophen bestimmt.
Raw Blood Singing – mit Riesenschritten durch die ohrenbetäubende Stille
Insgesamt skizzieren INSECT ARK weiterhin ein sehr düsteres Weltbild, das aber im Gegensatz zu den Vorgängern etwas mehr lichte Momente aufweist und durch den sprachlichen Ausdruck auch eine neue visionäre Richtung einläutet. „Raw Blood Singing“ ist für Hörer*Innen ohne Scheuklappen eine fesselnde Reise in psychische und musikalische Abgründe, die Zeit zum Verstehen braucht, aber dadurch nachhaltig resoniert.
Die negative aber doch einlullende Atmosphäre gefällt mir. Düster, ohne dass es unfreiwillig komisch (übertrieben) wirkt, sondern songdienlich. Experimentell, aber es macht Sinn und ist nicht Selbstzweck. Könnte auch von Prophecy sein. Muss ich zwingend im Auge behalten.
Muss sagen, die Vocals haben für mich die Band auf zugänglicher gemacht. Super Platte, die ich wohl ohne Gesang nach einmal durchhören wohl nicht wieder angerührt hätte.