Es grenzt schon an ein Wunder, dass INQUISITION doch noch im Roster eines großen Genre-Labels auftauchen. Immerhin wütet das Duo schon seit 1989, hat eine ganze Reihe exzellenter Alben veröffentlicht und genießt obendrein den Ruf einer großartigen Live-Band, eine Tatsache von der ich mich selber auch schon überzeugt habe. Auf der anderen Seite haben sich Dagon und Incubus dadurch aber auch einen Kult-Status erspielt, den ihnen auch niemand mehr nehmen kann, nicht mal sie selbst. Die Gefahr wäre mit „Obscure Verses For The Multiverse“ jedenfalls gegeben, schließlich glänzt das Album nicht nur durch sehr ausgewogenes Material, das selbst für INQUISTION noch einen weiteren Entwicklungsschritt bedeutet, sondern auch mit einer druckvollen und transparenten Produktion. Das ging bei einigen Bands schon mal ziemlich in die Hose.
Nicht so mit „Obscure Verses For The Multiverse“. Ob es nun das beste INQUISTION-Album aller Zeiten ist, möchte ich nicht beurteilen, eine der stärksten Veröffentlichungen in diesem Jahr ist es aber – sogar mit Ausrufezeichen! Das Duo, das komplett ohne Bass auskommt, hat seinen Stil schließlich schon vor Jahren gefunden und diesen nur peu à peu verfeinert. So verfährt auch Album Nummer sechs in der üblichen im Tempo sehr variablen Weise. Der Fokus liegt dabei zum einen auf dem exzellenten und äußerst abwechslungsreichen Drumming von Incubus und dem leicht verschrobenen, aber gern auch melodischen Riffing von Dagon, dessen knarzende Stimme wohl den letzten Funken Widererkennungswert gewährleistet (auch wenn die Erinnerungen an Abbath wohl nicht von ungefähr kommen). Spannend an „Obscure Verses For The Multiverse“ ist aber nicht nur die Spielfreude sondern auch die Spannung innerhalb der einzelnen Songs. Egal ob INQUISTION nun flott, im Midtempo oder gar kriechend langsam unterwegs sind, die gesamten Einzelteile fügen sich problemlos aneinander. Das sorgt für ziemlichen Unterhaltungswert und lässt mitunter wahrhaft explosive Momente los. Schlussendlich gewinnt das Duo aber erneut mit der Eingängigkeit, die das Material bei allen Dissonanzen und aller Dunkelheit innehat. Trotz eines nicht zu verkennenden Anspruchs im Songwriting bleiben die Songs nachvollziehbar und mitreißend.
Besonders hervorzuheben ist auch der rote Faden, dem das gesamte Album folgt und der ein qualitatives Abrutschen einzelner Songs gekonnt verhindert. Dass ein wenig Platz für einzelne Ausreißer nach oben bleibt, ist dabei sogar eine kleine Überraschung, aber das unbeschreiblich packende „Darkness Flows Towards Unseen Horizons“ hat es mir absolut angetan. Kein Zweifel also, auch wenn „Obscure Verses For The Multiverse“ dem ein oder anderen INQUISITION-Jünger vielleicht eine Spur zu glatt ist, bleibt es eines der ganz großen Alben in diesem Jahr!
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