20 Jahre Erfolgsgeschichte können sich nicht viele Bands auf die Kappe schreiben, und diejenigen, die das Privileg genießen, lassen sich dann meist auch allerhand einfallen, um ihre Fans zum Jubiläum richtig zu verwöhnen. Etwas besonders ungewöhnliches haben sich die Kalifornier von INCUBUS dafür einfallen lassen: eine Woche voller Konzerte in einer Kunstgalerie, jeden Tag andere Songs von verschiedenen Alben, darüber hinaus sogar einige neue, bis zu diesem Zeitpunkt unveröffentlichte Tracks, und kostenlose Tickets.
Diese einzigartige Woche haben INCUBUS nun auf CD gepresst und unters Volk gebracht – und die Scheibe ist wirklich ein Fangeschenk: 28 Songs aus 20 Jahren, auf der DVD der „Special Edition“ weitere 19 Performances und zwischendrin Mitschnitte von Fans, die erzählen, wovon sie in ihrem Leben träumen, um den Kreis zum letzten Studioalbum „If Not Now, When?“ zu schließen.
Natürlich erfindet heutzutage keine Band aus keinem Genre das Rad mehr neu und ganz rational betrachtet ist „HQ Live“ auch nur ein weiteres Best-Of Album einer weiteren Band auf diesem Planeten, gespickt mit fast allen Singles der letzten Jahre. Und dennoch unterscheidet sich diese Platte von anderen Jubiläumsrohlingen, sei es im schulbuchkritzelmäßigen Artwork, in der rührenden Story, die Brandon Boyd im Booklet erzählt, wie die Band auf die Idee mit der Konzertwoche kam, oder einfach durch die Intimität und Familiarität, die dem ganzen einen magischen Zauber verleiht. Ein Wohnzimmerkonzert nach mehr als 1500 Konzerten in den großen Hallen dieser Welt hat etwas detailverliebtes.
Auch bei diesem Album merkt man die große musikalische und stilistische Vielfalt, die Incubus in ihren Songs verarbeiten. Leider ist die Songauswahl doch relativ midtempo– bzw. balladenlastig geworden, und gerade angesichts bekannter Hits wie „Love Hurts“, das sowohl textlich als auch melodisch ganz unabhängig vom Erfolg, den das Stück mit sich brachte, ein echter Schatz ist, hätte man auf manch andere Titel wie zum Beispiel „Stellar“ weitestgehend verzichten können. Doch auch hier steckt natürlich ein Gedanke dahinter: CD 1 stellt die bandinternen Favoriten dar, CD 2 die der Fans, was bei einigen Tracks dann doch auch wieder verwundert.
„HQ Live“ überträgt wunderschön die anrührige Stimmung dieser Woche auf das Soundsystem zu Hause oder im Auto, jedoch können INCUBUS definitiv mehr und vor allem eins: lauter. Bei all der Melancholie passt zwar auch ein „Riders On The Storm“-Cover hervorragend hinein, irgendwann hat man sich aber auch schnell daran satt gehört. Auch die zum damaligen Zeitpunkt noch unbekannten Songs vom erst später veröffentlichten Album „If Not Now, When?“ schließen sich zu hundert Prozent an den Melancholiekurs der Amerikaner an.
Wer ein paar Euro mehr in die Hand nehmen möchte und sich die „Special Edition“ mit einer zusätzlichen DVD gönnt, hat hier als Fan sicherlich ein schönes Erinnerungsstück an 20 Jahre Bandgeschichte in der Hand. Die DVD gewährt interessante Einblicke in das Tourleben einer der bekannteren Alternative-Bands, als „Neufan“ oder gar Ersthörer sollte man sich aber zunächst lieber ältere Platten – am besten „Make Yourself“ und „Light Grenades“ – besorgen, um sich mit dem typischen INCUBUS-Sound vertraut zu machen.
Wer weiß, wie laut und energiegeladen INCUBUS sein können, wird sicherlich eine Spur von Enttäuschung nicht unterdrücken können. Die liebevolle Albumgestaltung gibt Pluspunkte, im Großen und Ganzen findet sich hier allerdings nichts unerwartetes wieder, und zum Abrocken haben INCUBUS auf jeden Fall schon bessere Alben veröffentlicht. Lediglich die Idee und die Story hinter dem Album überzeugen noch, das geht jedoch beim „Nur Hören“ ziemlich schnell verloren.
Fazit: Leider eher durchschnittlich.
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