Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
Wir werden mal wieder nostalgisch und wir werden mal wieder romantisch im Blast From The Past. Die Norweger IN THE WOODS… gründeten sich 1991 ursprünglich aus der ersten Besetzung der früheren Death Metaller GREEN CARNATION und veröffentlichen nach zwei Demos im Jahre 1993 im Jahre 1995 ihr Debütalbum “Heart Of The Ages”. Das Material jener Ära hat dabei auffallend wenig mit dem avantgardistischen Extreme Prog aktuellerer Alben gemein. Vielmehr gefielen sich IN THE WOODS… in dieser Zeit noch als Abkömmlinge der omnipräsenten norwegischen Black-Metal-Szene und sie erschaffen mit ihrem Erstwerk etwas, das skandinavischer kaum sein könnte.
“Heart Of The Ages” – Das erste Pagan-Metal-Album?
IN THE WOODS… war nachweislich die erste Band, welche sich das Label ‘Pagan Metal’ gab, um die naturverbundenen, heidnischen Inhalte der Musik in Worte zu kleiden. Das hat freilich nichts damit zu tun, was der Begriff heute repräsentiert. Im Grunde drückte die Bezeichnung aus, dass das herkömmliche Black-Metal-Korsett, zu dem seinerzeit unbedingt auch Satanismus gehörte, ähnlich wie bei ENSLAVED zu eng war für die Band, die auch auf “Heart Of The Ages” bereits mit ausgiebigen Clean Vocals und atmosphärischen Synthesizern arbeitet.
Auf diese Elemente trifft man bereits in den ersten Momenten des Openers “Yearning The Seeds Of A New Dimension”, welcher die Stimmung des Albums zu Beginn feierlich und schrittweise eröffnet. Ähnlich verfährt auch der Schlusstrack “The Divinity Of Wisdom”, der zwar nicht so verhalten beginnt, aber mit den flächigen Keyboards, getragenen Riffs und melodiösen Vocals ähnlich symptomatisch für das Album steht. Der Titelsong zehrt sogar im Intro ganz unverblümt von den Einflüssen elektronischer Musikrichtungen, die ja insgeheim viele Black-Metal-Musiker der zweiten Generation begeisterte, ohne, dass diese Elemente aufdringlich benutzt werden. “Mourning The Death Of Aase” und “Pigeon” sind sogar rein instrumentale Ambient-Interludien, die viel zur romantischen Suggestion von “Heart Of The Ages” beitragen. Herrlich, wie man dieses Album beim Spaziergang durch eine verschneite Winterlandschaft hören kann!
Abseits dessen bieten IN THE WOODS… auf “Heart Of The Ages” vor allem epischen und atmosphärisch dichten Black Metal, der nahezu nie ein gewisses Tempolimit überschreitet, aber vor allem durch die getrageneren Riffs und die verzweifelte, kehlige Stimme von Jan Kenneth “Ovl. Svithjod” Transeth ist “Heart Of The Ages” klar im Geist seiner Landes- und Zeitgenossen zu erkennen. Im Kontext des Black Metals gibt es 1995 auch fast niemanden, der ein ähnliches Konzept verfolgt. In gewisser Weise müssen hier hinsichtlich der Atmosphäre, des Gesangs und der Abkehr von satanischen Themen tatsächlich BURZUM erwähnt werden (die sich mit IN THE WOODS… das Label Misanthropy Records teilen). Auch die frühen ULVER, die 1995 mit “Bergtatt” ebenfalls debütierten, funktionieren als Querverweis vor allem in Bezug auf die klaren Gesänge als auch die allumfassende Naturromantik.
IN THE WOODS… und ihr großer Klassiker
Nun sollte man bloß nicht den Fehler begehen und IN THE WOODS… nur auf ihr – zugegeben geniales – Debütalbum beschränken. Auch die Longplayer ab “Omnio” (1997) bieten nicht gerade wenige Highlights. Dennoch ist “Heart Of The Ages” etwas Besonderes, weil es eine selbstbewusste junge Band zeigt, die Genregrenzen bereits überwunden hat; gleichzeitig aber vollgepumpt mit Adrenalin und Testosteron ist, ihren postpubertären Weltschmerz und -hass in akustischer Form in die Welt posaunt und dabei ein von vorn bis hinten stimmiges Album erschaffen hat. Möglicherweise gelingt ein Album wie “Heart Of The Ages” eh nur ein Mal im Leben, weshalb die stilistische Weiterentwicklung von IN THE WOODS… im weiteren Verlauf der Karriere ohnehin nachvollziehbar ist. Dieses Album ist einzigartig und soll es auch bleiben!
Oh ja, das Debüt von In the Woods ist schon eine wirklich starke Platte.
Nur direkt als Black Metal habe ich das Album nie empfunden, was zum Glück nichts an der Qualität dieser epischen Musik ändert.
„Avantgardistischen Extreme Prog“, ernsthaft?? Frage mich was daran groß Prog sein soll und dann noch Extreme, aber gut, hier scheine ich einfach eine andere Meinung zu haben, ist ja okay so.
Heart Of The Ages ist besonders atmosphärisch ein wunderbares Album, mit typischen In the woods Melodien und Gesangslinien, das auch so wunderbar unförmig, analog daherkommt, wie man es i.d.R. wohl nur auf den ersten Alben einer Band vorgesetzt bekommt. Bereits auf Omnio, welches ich damals sehr mochte, hat die Band ihre Musik schon deutlich professioneller, komprimierter dargeboten und auf Strange in Stereo dann ihr absolutes avantgardistisches Highlight dahergezaubert, das wie David Lynch auf Drogen klingt. In diesem Vergleich fahren In the woods heute eine absolute Schlaftablette und riesige Enttäuschung aufs Parkett. Verwundert auch nicht, wenn es – wie hier im Interview zwischen den Zeilen zu lesen – innerhalb der Band ordentliche Zerwürfungen gab. Aber ist wie gesagt nur meine Meinung,.
Ich verstehe das Album wohl nicht und find’s eher langweilig. Die wurden erst mit der „Omnio“ interessant für mich. Dasselbe gilt (für mich) aber auch so ähnlich für frühe Ulver, Kult hin oder her. Ich gebe keine Wertung, da wohlwollende 5 Punkte wohl nicht gerechtfertigt wären. Ich höre schon, dass das nicht schlecht ist, aber eben nicht so mein Ding. Irgendwie so halt..
„Ich gebe keine Wertung, da wohlwollende 5 Punkte wohl nicht gerechtfertigt wären.“
Weiss gar nicht, ob das so gedacht, gewünscht ist. Finde persönlich, dass die User Wertungen durchaus wiedergeben können und vielleicht auch sollten, ob ein Album polarisiert oder eher ein crowd pleaser ist. Wüsste zumindest nicht, wieso man die durchschnittliche User Wertung künstlich hochhalten muss. ;))
Finde es persönlich ein interessantes Thema, was sogenannte Frühwerke etablierter Bands im Besonderen ausmacht und ob das etwas ist, das zu Gunsten einer professionaleren Ausrichtung, verzichtbar ist? Nehmen wir bspw. A wintersunset von Emyprium, das auch noch nicht so perfekt war, aber gerade dadurch einen gewissen, unbekümmerten Charme vermittelt, welches später doch ziemlich verloren ging. Oder Morningrise von Opeth, Irgendwie haben diese Alben eine ganz besondere Atmosphäre, die in der weiteren Entwicklung der jeweiligen Band dann Großteils verloren gegangen ist. Und so auch bei In the woods geschehen. Zugegebenermaßen haben zumindest (in meinen Ohren) Empyrium und In the woods danach durchaus noch deutlich bessere Alben erschaffen, die ich nicht missen möchte. Bei Opeth hätte ich mir mehr in der Form von Morningrise gewünscht, das war sehr speziell.
Ich weiß was du meinst, aber ich denke, dieses Album hat „objektiv“ mehr als 5 Punkte verdient, für das, was es sein soll/will. Ich erwarte von Reviews auch eine gewisse Professionalität und nicht nur den persönlichen Geschmack des Reviewers.
Frühwerke sind so ’ne Sache für mich. Oftmals erkennt man da schon Potential (oder eben nicht), aber noch nicht richtig ausgearbeitet. Nur durch Atmosphäre funktioniert ein Album für mich nicht vollends. Ich bevorzuge auch hier den langweiligen Mittelweg: Ein gewisses „jugendliches“ naives Ungestüm, aber mit einer Prise Professionalität, hörbar handwerkliche Fähigkeiten, ausgefeiltes Songwriting usw.
Musikalisch ordentlich, aber das Gekreische ist und bleibt ätzend.
In Sachen In The Woods (und Opeth) bin ich wohl ganz bei Watu. Diese einzigartige Atmosphäre versetzt mich förmlich – technische Mängel verzeihend – in diese vermeintlich ferne Welt, in der wohl auch die zugehörigen Album-Cover entstanden sein müssen. 😀
Vollkommen befangene, subjektive, unumstößliche und unapologetische 9/10.. 🙂