Wenn dieser Tage Alben französischer Bands besprochen werden, bemühen viele Rezensenten – ich will mich da in keinster Weise ausnehmen – Sprüche wie „Es tut sich was in Frankreichs Metal-Szene“ oder „Frankreich mausert sich“. So langsam aber sicher sollten wir auf Floskeln wie diese verzichten – denn unser Nachbarland hat sich längst als Brutstätte interessanter und hörenswerter Metal-Acts etabliert. Hin oder her – nun also wieder Frankreich, genauer: IN THE GUISE OF MEN.
Das Pariser Quartett ist bereits seit dem Jahr 2003 im französischen Untergrund unterwegs und serviert auf „Ink“ eine ziemlich sperrige Spielart des Post Metals mit deutlich progressivem Anstrich. Der schlägt sich vor allem in den teils wirklich komplexen Rhythmus- und Tempowechseln nieder, aber auch tonal fordert das Material dem Hörer so einiges ab. Exemplarisch kann hier der vertrackte Opener „Suicide Shop“ herangezogen werden: Ohne großes Vorgeplänkel nimmt der Track Fahrt auf, wobei das verkorkste Anfangs-Riff und der eigenwillige Gesang anfänglich eine interessante Reibung verursachen. Im weiteren Verlauf wird der Song dann etwas zugänglicher, da die Gitarrenarbeit sich zunehmend melodischerer Komponenten bedient und auch rhythmisch etwas stringenter zu Werke gegangen wird. Insgesamt ein gelungener Auftakt, der allerdings noch einen etwas chaotischen Gesamteindruck hinterlässt.
Besser gelingt die Synthese aus vertrackter Riffführung und Eingängigkeit dann im zweiten Track „Violent Overthrow“. Gelegentlich erinnern die Franzosen hier an ihre Landsmänner GOJIRA und HACRIDE, hinzu gesellt sich im Quasi-Refrain eine dezente Rock-Attitüde. Minuspunkte gibt es im Anschluss für den erstmals im dritten Song „Drowner“ eingesetzten Clean-Gesang – der nämlich arg schief daherkommt. Das ist – und dies trifft phasenweise auch auf den vorletzten Track „Blue Lethe“ zu – vor allem insofern schade, als dass hier die Saitenfraktion sehr stimmungsvoll und melancholisch agiert, der Gesang dieses atmosphärische Konstrukt aber völlig einreißt – letztlich der schwächste Track der Platte. Besser gefallen kann allerdings dann der Schlusstrack „Dog To Man Transposition“, der etwas flotter gehalten ist und bei dem im Schlusspart die Clean-Vocals zum einzigen und ersten Mal wirklich treffend eingesetzt werden.
„Ink“ ist am Ende eine sehr interessante, weil stilistisch sehr vielfältige und eigenwillige Platte. Dem gegenüber stehen die teilweise etwas konfusen Arrangements, die es noch nicht bewerkstelligen, die kreative Energie der Band zu kanalisieren. Freunde progressiven Metal sollten die Jungs – gerade mit Hinblick auf ein möglicherweise bald erscheinendes Full-Length-Debüt – unbedingt im Auge behalten. Für diese EP hier gilt allerdings: Kann man, muss man aber nicht unbedingt haben.
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