In Motion - Thriving Force

Review

Soundcheck Februar 2019# 11

Ein-Mann-Prog-Projekte mit Gastsängern gibt es dank moderner Studiomöglichkeiten mittlerweile fast schon wie Sand am Meer. Tom Tee aus Belgien, bislang eher mäßig bekannt als Gitarrist in Bands wie OSTROGOTH, hat sich nun offenbar auch seinen persönlichen Traum erfüllt und seine musikalischen Visionen in zwei Studioprojekten verwirklicht. Bereits Mitte 2018 erschien unter dem Namen ENTERING POLARIS der erste Teil, auf dem in erster Linie die epischen, Power-Metal-lastigen Songideen umgesetzt wurden. Nun kommt mit IN MOTION quasi das Schwesterprojekt, dessen erstes Release „Thriving Force“ deutlich mehr Kante zu bieten hat.

IN MOTION – Hartes Gefrickel mit viel Schatten…

Gleich der Opener „Thrive“ dürfte hier die bekanntesten Namen der recht langen Liste von Gastsängern aufbieten. Björn „Speed“ Strid von SOILWORK liefert sich direkt einen tollen Schlagabtausch mit REVOCATIONs David Davidson. Stilistisch bewegen wir uns irgendwo zwischen Technical Death Metal und groovigem Thrash, immer wieder durchsetzt mit abgefahrenen Prog-Riffs und Frickel-Soli. Der erste Eindruck von „Thriving Force“ ist also durchaus positiv, so kann es weiter gehen.

Leider beginnt aber mit „I Bleed Worlds“ der schwächste Teil der Scheibe. Der clean gespielte Gitarren-Part zu Beginn ist noch ganz nett, die Übergänge zu heftigem Groove-Geschredder sind dann aber im besten Fall überraschend, im schlechtesten eher unpassend. Das eindimensionale Shouting von Pierre „Shawter“ Maille (DAGOBA) rettet das Konstrukt dann auch nicht, lediglich seine kurz eingestreuten Clean-Vocals ragen positiv heraus. In „The Dyeing Of Spheres – Pt.I“ wird es dann langsam ärgerlich. Das Haupt-Riff ist auf Dauer einfach nur nervig und wird durch Metalcore-Shouts nicht besser. Wer nach fünf Minuten glaubt, es überstanden zu haben, der täuscht sich gewaltig. Denn natürlich wird in „The Dyeing Of Spheres – Pt.II“ das verhasste Riff, wenn auch ganz leicht abgewandelt, wieder aufgegriffen. Sicher, das wird wohl alles Absicht sein, um eine gewisse Monotonie akustisch zu verdeutlichen, aber auch nach mehreren Durchläufen wird das einfach nicht ansprechender. Immerhin kann der wirklich gelungene Gesang von Mathieu Romarin (UNEVEN STRUCTURE) im zweiten Teil des Songs noch ein wenig retten.

…aber auch einigem an Licht

Nach der Eintönigkeit der vorangegangenen Songs bildet „Utopia“ dann endlich den längst überfälligen großen Befreiungsschlag. Nehmen wir also mal zugunsten des Komponisten an, dass das alles so geplant war. Endlich gibt es wieder Leads, viel Power, positive Energie und geradezu hymnische Gesangs-Parts, die sich mit wütendem Geschrei abwechseln. Lediglich der uninspirierte Fade-Out am Ende fällt ein wenig negativ auf.

Nach einem instrumentalen Interlude ist es dann mit „Always In Motion“ endlich Zeit für das große 18-Minuten-Epos. Und, man soll es kaum glauben, während teilweise in deutlich kürzeren Songs oft einfach nur unterschiedliche Parts aneinandergereiht werden, ist es Tom Tee hier, trotz der extremen Länge gelungen, ein großes, rundes Ganzes zu kreieren. Man merkt einfach, dass hier eine Menge Arbeit rein geflossen ist. Natürlich gibt es, prog-typisch, auch in „Always In Motion“ harte Brüche und Stilwechsel. Die unterschiedlichen Kontraste ergänzen sich aber viel besser und halten den Hörer über den Großteil der Spielzeit bei der Stange. Die Gastsänger, auch hier allen voran Björn Strid, tragen dazu auch wieder einen nicht unerheblichen Teil bei. Und natürlich, im Finale kommt, was kommen muss. Das unvermeidliche Zeichen für maximale Progressivität: Ein Saxophon-Solo! Das klingt zwar ganz gut, aber wirklich gebraucht hätte der Song es nicht.

Technisch ambitioniertes Stückwerk – „Thriving Force“

Es ist natürlich irgendwie sinnlos, einem Progger Verkopftheit vorzuwerfen. Dennoch hört man es an vielen Stellen von „Thriving Force“ heraus: Tom Tee will mit seinem Projekt IN MOTION sehr viel, manchmal eindeutig zu viel. Ein wenig mehr Song-Fokus statt einfach mit geradezu mathematischer Präzision Gefrickel-Versatzstücke aneinander zu fügen hätte dem Material sicher gut zu Gesicht gestanden.

So kommt unter dem Strich ein zwar ambitioniertes und technisch sehr anspruchsvolles Prog-Album mit einem ordentlichen Härtegrad heraus, das aber auch versucht einige Stinker zu verstecken. An vielen Stellen wirken sowohl die Kompositionen als auch die Produktion zu klinisch. Alles klingt danach, als hätte man versucht zu viele Ideen, die in Jahren entstanden sind, mit Gewalt in Songs zu pressen. Ironischerweise ist ausgerechnet der Achtzehnminüter „Always In Motion“ die rundeste Angelegenheit auf „Thriving Force“, das Prog-Fans, die auf der Suche nach härterem Material sind mal anchecken sollten, alle anderen aber auch links liegen lassen können, ohne viel zu verpassen.

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14.02.2019

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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