Imperium Dekadenz - When We Are Forgotten

Review

Was macht guten Black Metal eigentlich aus? Puristen verweisen gerne auf eine möglichst rohe Produktion, unerbittliche Blastbeats, misanthropische Texte oder lärmendes Gitarrengeschrammel, während andere dagegen die frühen Neunziger abhaken und das Genre avantgardistischen Ansätzen, ausgefeilten Melodien, stilfremden Elementen und gewagtem Ideenreichtum öffnen. Nein, eine wirklich „richtige“ Antwort gibt es auf diese Frage natürlich nicht. Diskussionen zu diesem Thema bieten ohnehin mächtig Zündstoff und driften auch gerne mal in elitäre Fachvorträge ab. Da zieht man lieber eine Grenze und einigt sich darauf, dass es doch tatsächlich einige Bands gibt, die – unabhängig ihrer Herangehensweise an das Genre – für exzellenten Black Metal stehen. IMPERIUM DEKADENZ ist fraglos eine dieser Bands, konnte mit „When We Are Forgotten“ im aktuellen Soundcheck bereits Teile der Redaktion für sich gewinnen und beweist: Auch das sechste Studioalbum ist alles andere als Ware von der Stange. Warum das so ist, lest ihr hier!

IMPERIUM DEKADENZ – Schwarzmetallische Komplexität

Was für ein Auftakt! Der knapp siebenminütige Opener (und Titeltrack) erweist sich nicht nur als atmosphärisches Black Metal-Meisterwerk, sondern präsentiert sich in einem anfangs vielleicht etwas eigenwilligen, aber vollends hervorragend durchkomponierten Soundgewand. Besonders der melodiöse Mittel- sowie der epische Schlussteil der Nummer sorgen für Gänsehaut. „Bis Ich Bin“ besticht mit seinem unfassbar melancholischen Intro, bevor sich der Sechsminüter in zwar durchweg gut geschriebenen, aber vergleichsweise unspektakulären Sphären verliert. Kein Problem, denn mit „My Solace I (Choirs of Solitude)“ fahren IMPERIUM DEKADENZ eine schwarzmetallische Atmosphäre-Dampfwalze auf, die es in sich hat: komplex, drückend, opulent – so geht Songwriting!

Überhaupt überzeugt das Schwarzwälder Duo auf „When We Are Forgotten“ mit überdurchschnittlich viel Kreativität. Der spannungsgeladene Stampfer „A Cave Called Wisdom“ hat ordentlich Wut im Bauch, „Transcendence“ punktet mit erfrischendem Abwechslungsreichtum und die Hymne „Absenz Elysium“ beeindruckt dank eisiger Old-School-Reminiszenzen. Phasenweise wirkt die Platte bei mehrmaligem Hören jedoch leider auch etwas langatmig. So kann das recht geradlinige „My Solace II (Paths of Perception)“ angesichts der Hitdichte zu Beginn des Albums nur schwer Akzente setzen. Dafür bietet „Frozen in Time“ zum Abschluss umso mehr kraftvollen IMPERIUM DEKADENZ-Sound wie man ihn sich wünscht. Insbesondere Atmosphäreliebhaber werden hier vor allem aufgrund des avantgardistischen Feinschliffs voll auf ihre Kosten kommen.

Zwei wie Pech und Schwefel: Horaz und Vespasian von IMPERIUM DEKADENZ

„When We Are Forgotten“ – Durchweg gelungen, doch kein Meilenstein

Keine Sorge, wem die letzten Alben von Horaz und Vespasian zugesagt haben, der kann auch mit „When We Are Forgotten“ grundsätzlich nichts falsch machen. Das Album wartet mit dichter Atmosphäre, brillanten Riffs und stimmungsvoll-träumerischen Parts auf, die auch dieses Mal beweisen, dass es sich bei IMPERIUM DEKADENZ um begnadete Ausnahmemusiker handelt. Die Platte hätte sich vielleicht sogar noch ein Pünktchen mehr verdient, kommt an ihren herausragenden Vorgänger „Dis Manibvs“ aber dann doch nicht ganz heran und stolpert hier und da über die Langatmigkeit mancher Songs. Fällt das schon unter die Kategorie „Meckern auf hohem Niveau“? Vielleicht, doch gerade das zeigt, mit welcher Erwartungshaltung man dem talentierten Duo inzwischen begegnen muss. Immerhin besitzen IMPERIUM DEKADENZ grundsätzlich das Potential dazu, einen weiteren Genre-Meilenstein zu schaffen. Bis dahin ist man mit „When We Are Forgotten“ (und den grandiosen Vorgängern) jedoch soweit bestens bedient!

28.08.2019
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