„Einen Menschen erkennt man an der Gesellschaft, die er vermeidet“ – mit diesem großartigen Zitat eines Unbekannten ziert das Duo IMPERIUM DEKADENZ sein CD-Inlay. Große Worte, die mich dann sehr nachdenklich stimmen, wenn ich aus ihnen den Umkehrschluss ziehe: „Einen Menschen erkennt man an der Gesellschaft, mit der er sich umgibt“. IMPERIUM DEKADENZ veröffentlichen ihr Debüt in der Gesellschaft ihres Labels Perverted Taste, die beispielsweise für dubiose Bootlegs und einen meines Erachtens nach durchwachsenen Geschmack steht. Das Label trägt auch gleich mächtig dick auf, sagt IMPERIUM DEKADENZ ein Meisterwerk nach und dass sie mühelos an alte SATYRICON und andere „norwegische Heroen“ heranreichen würden. Nun ja, bleiben wir mal auf dem Teppich. In erster Linie ist „… und die Welt ward kalt und leer“ ein alles andere als spektakuläres Machwerk des German Black Metal, mit allem was dazu gehört: Einflüsse aus Norwegen (vor allem von BURZUM, deren Menschenfeindlichkeit das Duo verinnerlicht zu haben scheint), eine Portion Selbstüberschätzung und markige Worte (die Herren nennen sich beispielsweise Horaz und Vespasian… wo kämen wir denn hin, wenn sich jeder selbsternannte Dichter gleich J.W. von Goethe nennen würde?!), ein wenig textlicher Kitsch und eine durchwachsene spielerische und kompositorische Leistung.
Damit hat es sich dann aber auch schon mit den Kritikpunkten, denn im Grunde ist dieses Album ein Start, der wesentlich mehr verheißt als die Alben der meisten anderen deutschen Black-Metal-Bands. Schön ist beispielsweise, dass IMPERIUM DEKADENZ ein Gespür für elegische, vielseitige Black-Metal-Riffs haben und sogar wissen, wie man zweite Gitarrenstimmen arrangiert, seien es auch verhältnismäßig einfache (überraschend klasse das Stück „Fields of silence“). Auch die leider etwas zu seltenen Akustikgitarren sind wirklich gut gelungen. Generell machen die beiden zu keiner Zeit den Fehler, wesentlich mehr zu wollen als das, wozu sie imstande sind. Ihre Lieder sind in erster Linie sehr getragen, übersichtlich aufgebaut und bleiben nach einer gewissen Zeit sogar im Ohr hängen. Die langsamen Momente sind auch über die gesamte Spielzeit die weitem stärksten. Offensichtliche Vergleiche ziehen nicht so wie gewöhnlich – ein bisschen was von „Filosofem“, ein bisschen was von „Hammerheart“, ein wenig SHINING, ein bisschen alte BLUT AUS NORD – aber insgesamt eine recht ausgewogene, eigene Mischung.
Produktionstechnisch gehen die Gitarren und der Gesang in Ordnung, was für’s Schlagzeug allerdings nicht gilt. Auch spielerisch nicht. Eigentlich bin ich immer für echtes Drumkit auf Aufnahmen zu haben, wer allerdings nicht mal sauber einen langsamen Doublebasspart durchhalten kann, sollte eventuell doch auf den Computer zurückgreifen und noch ein wenig üben. Andererseits, man kann auch nicht beim ersten Mal alles haben, sehen wir ihnen das also nach. Wenn die beiden sich das nächste Mal auf ihre Stärken konzentrieren, spielerisch noch ein wenig zulegen und ein etwas angemesseneres Mundwerk und Image ausbilden würden, könnten sie in einer von Nassbirnen, politischen Wirrköpfen und Großmäulern beherrschten deutschen Black-Metal-Szene eine durchaus respektable Band werden. Weiter so.
Der Umkehrschluss der Aussage „Einen Menschen erkennt man an der Gesellschaft, die er vermeidet“ besteht NICHT in der Aussage „Einen Menschen erkennt man an der Gesellschaft, mit der er sich umgibt“. Um das zu sehen, muss man wirklich kein Fachmann für Logik sein.