



Die New Yorker IMPERIAL TRIUMPHANT sind schon gut darin, den Redaktionscorpus zu spalten. Das merkt man an den vielseitigen Wertungen, welche die avantgardistische Black/Death Metal-Band über die Jahre hinweg bei uns abbekommen hat, ein Bild das sich vorhersehbarerweise ein Stück weit auch im Soundcheck spiegelt. Das neue Album „Goldstar“ macht selbstredend keine Anstalten, irgendetwas an der Tatsache zu ändern, dass die Band weiterhin zwiespältig aufgenommen wird. Daher stellt sich weniger die Frage, ob die Herrschaften eingängiger werden oder irgendwelche Kompromisse eingehen – keine Sorge, das ist nicht der Fall – sondern viel mehr, welchen verrückten, eklektischen Kram sie diesmal anstellen.
Das Enigma IMPERIAL TRIUMPHANT fordert erneut zum Tanz
Die Jazz-Komponente, die der Vorgänger „Spirit Of Ecstasy“ bereits ein bisschen subtiler einwebte, ist noch mal eine Nummer unterschwelliger ins Klangbild integriert worden und tritt seltener in wirklich expliziter Manier hervor. Der Opener „Eye Of Mars“ inkorporiert ein paar bombastische Bläser und „Pleasuredome“ enthält südamerikanische Perkussion und ein ziemlich nettes Fretless-Solo, das bleibt aber die Ausnahme. Ansonsten klingt „Goldstar“ erwartungsgemäß wie ein typisches Colin Marston-Album, sehr technisch, sehr seltsam und irgendwie andersweltlich. „NEWYORKCITY“ könnte sogar irgendwas aus der Ecke BEHOLD … THE ARCTOPUS sein, aber mit mehr Wall of Noise und dem irgendwie verstörenden Geheule von Gaststimme Yoshiko Ohara.
Man hört hier zuvorderst eine Band, die ihren jazzigen Black/Death Metal mit all seinen Math-, Noise- und vielleicht sogar Zeuhl-Einflüssen nebst diversen Exkursen in weltmusikalische Gefilde wie einen Sturm heraufbeschwört. Das klingt an vielen Stellen erfrischend roh und sporadisch, wobei das wie immer natürlich ratternde Klangbild in puncto Authentizität hilft, das partout nichts von getriggerten Drums, Loudness und anderen Krankheiten Markenzeichen moderner Produktionen wissen möchte. Das und wiederkehrende Gäste wie Tomas Haake und die bereits erwähnte Ohara sind keine Neuigkeiten im Lande IMPERIAL TRIUMPHANT, auch wenn dieses Mal ein gewisser Dave Lombardo sein Gastspieldebüt für IMPERIAL TRIUMPHANT im Track „Pleasuredome“ gibt.
Für „Goldstar“ machten die New Yorker aus einer Not eine Tugend
Was „Goldstar“ allerdings vielleicht von seinen Vorgängern abhebt, ist seine etwas unmittelbarere, konzisere Art, die laut Presseinfo so etwas wie ein Produkt diverser Umstände gewesen sein mag. Aus dem Wunsch heraus, während ihrer Support-Auftritte mehr als nur 3-4 Longtracks spielen zu können zum Beispiel tendiert die durchschnittliche Songlänge anno 2025 mehr gen Fünf-Minuten-Marke, wobei das abschließende „Industry Of Misery“ immer noch stolze siebeneinhalb Minuten auf die Uhr bringt. Und aufgrund von terminlichen Umständen war die Band offenbar in die Situation geraten, dass sie das Album innerhalb von fünf Tagen eintüten mussten, was sicher für Unruhe und zeitlichen Druck bei den Arbeiten gesorgt hat.
Trotz präganterer Songbauten fühlt sich die Musik nicht weniger gehaltvoll an. Die Mixtur aus allem, was im Spannungsfeld zwischen MORBID ANGEL, DØDHEIMSGARD, KRALLICE und vielleicht noch WORMED und PORTAL möglich ist, wirkt genauso ambivalent, enigmatisch und schwer greifbar wie eh und je. Einen direkten Ankerpunkt gibt es daher kaum, wobei der Zugang vielleicht bei „Hotel Sphinx“ noch am wenigsten vernagelt scheint. Die wiederkehrenden Motive des Songs sind vielleicht noch am klarsten konturiert hin zum Punkt, dass man vorsichtig von einem halbwegs eingängigen Song sprechen kann, selbst wenn IMPERIAL TRIUMPHANT hier gefühlt „Larks‘ Tongues“-KING CRIMSON in einen DØDHEIMSGARD-Speckmantel packen.
Eine kürzere Spielzeit bedeutet jedoch noch längst keine eingängigeren Stücke
Im wesentlichen findet die geneigte Hörerschaft hier sieben „vollwertige“ Stücke, die zwei kurze Cuts in der Mitte umschließen. Dabei handelt es sich um das erwähnte „NEWYORKCITY“ sowie den Titeltrack, eine explizite Allusion an das retrospektive Element der Band in Form eines nach dem frühen 20. Jahrhundert klingenden Stückes, das fast so beginnt wie der THE INK SPOTS-Klassiker „I Don’t Want To Set The World On Fire“. Die zweite Hälfte wirkt insgesamt etwas sperriger und wuchtiger, mehr in Richtung Progressive Death mit Brainmelter-Faktor gehend, abzüglich der kosmischen Komponente (wobei der Rausschmeißer „Industry Of Misery“ dem dennoch recht nahe kommt).
IMPERIAL TRIUMPHANT bleiben mit „Goldstar“ eine schwer in Worte zu fassende, enigmatische Kapelle, die sich weißgott nicht so sehr in theatralische Anonymität hüllt wie das andere Bands in vergleichbaren Aufzug machen würden (obwohl sie jegliches Recht und jegliche Rechtfertigung dafür hätten). Der unmittelbarere Charakter von „Goldstar“ gibt dem Album zudem eine rohe Energie, die dem Hörfluss enorm zuträglich ist, wobei das längst nicht bedeutet, dass hier irgendwelche Zugeständnisse in Sachen Eingängigkeit gemacht worden sind. Der Sound ist einfach nur gedrängter und dichter geworden, bleibt jedoch ausgesprochen exzentrisch und intensiv – und daher auch ziemlich einzigartig.
Gefällt mir wieder sehr sehr gut. Das Voivodeske kommt durch diesen herrlich direkten Sound so genial rüber. Das ist schon geiles Tennis!