Imperial State Electric - All Through The Night

Review

Galerie mit 8 Bildern: Imperial State Electric - Royal Republic - Star FM Maximum Rock Night

Zaghaft philosophisch droht man zu werden angesichts „All Through The Night“ von IMPERIAL STATE ELECTRIC, auch wenn es ans Existenzielle geht: Was wäre geworden, hätte Nicke Andersson das Schlagzeug von ENTOMBED nicht verlassen? Aus dem Rock’n’Roll, aus Schweden, aus der Menschheit, aus dir und mir? (Wie) lebte es sich ohne die Gebote des HELLACOPTERS-Oeuvres und die fortwährende Sinnstiftung durch IMPERIAL STATE ELECTRIC? Wären Shampoo, Pro-Tools und alkoholfreies Bier dann sicher weiterhin bzw. überhaupt illegal? Warum schaffen es eigentlich ganze Genres nicht, einen einzigen guten Song zu fabrizieren, während ein einziger Mann partout nichts Schlechtes hinbekommen will? Sollten wir Mr. Andersson vom Spiritus Rec- bzw. Rocktor nicht schleunigst willfährig, egoistisch und offiziell zum gütigen Diktator ernennen? Denn: Wie geil ist „All Through The Night“ bitte schon wieder geworden, nur gefühlte vier Wochen nach der grandiosen Vorgängerin „Honk Machine“? Und schließlich: Wer braucht Fanboy-Gesülze außerhalb der Pubertät?

IMPERIAL STATE ELECTRIC schreiben die guten Ohrwürmer

Zum Letzteren: niemand. Aber ein gutes Rock-Album ohne Frage. Und so darf man statt zu philosophieren mit „All Through The Night“ auf den Ohren auch einfach mal abgehen. Denn IMPERIAL STATE ELECTRIC beherrschen die hohe Kunst, mit vermeintlich einfachen Mitteln den richtigen Ton zu treffen. Die Songs der Bande sind nicht nur Ohrwürmer, sondern auch solche, die man sich gern und mit Genuss ins Hirn lässt. Sollen sie sich doch hemmungslos an den grauen Zellen laben – Und wenn dabei bisschen was zu Gunsten des Rock verloren geht: umso besser (s. o.)!
Einer dieser kleinen Hits ist der Titelsong, ein Sixties-Rocker, dessen Refrain man schon während des zweiten Durchlaufs inbrünstig mitschmachtet. Die beigefügten Streicher veredeln das Ganze und verschmieren es nicht etwa. Gleiches gilt für das getragene „No Sleeping“ – man muss halt nur wissen, wie es geht. (Und ehrlich: Wer findet schon „End Of The Century“ wirklich scheiße, auf dem die RAMONES seinerzeit Ähnliches mit Phil Spector wagten?)
„Remove Your Doubt“ hätte kernig auch von den späten HELLACOPTERS kommen können, das angriffslustige „Over And Over Again“ erst recht. „Get Off The Boo Hoo Train“ ist brennender Rock’n’Roll aus der Frühsechziger-Garage inklusive Tasten-Wahn und größenwahnsinnigen Vocals. Und als Kontrast gibt es mit „Break It Down“ ein vielleicht einen Hauch zu schunkliges Country-Duett mit der Sängerin Linn Segolson.

„All Through The Night“ ist keine Möglichkeit, sondern eine Notwendigkeit

Vielseitiger ist es damit geworden, das fünfte Album von IMPERIAL STATE ELECTRIC, vielseitiger und vielleicht nicht in Gänze so catchy und offensiv wie „Honk Machine“. Für die störrisch rückwärtsgewandte Grundmischung aus BEATLES-Harmonien, KISS-Attacke, etwas MC5-Rotz und einer Prise TOM PETTY gilt aber, wie zwischen den Zeilen angedeutet: Das Gebräu ist keine Möglichkeit, sondern eine Notwendigkeit. Schließlich obliegt es uns, so wir professionell sind, die ganze Nacht zu rocken und zu rollen (und jeden Tag Party zu machen) – da ist das wirklich gute Zeug ab einem gewissen Level schlicht unverzichtbar.

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18.09.2016

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