Impaled Nazarene - Suomi Finland Perkele

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Galerie mit 13 Bildern: Impaled Nazarene - Party.San Metal Open Air 2022

Ein gutes halbes Jahr nach Veröffentlichung ihres “Ugra-Karma”-Albums hatten IMPALED NAZARENE bereits Studiozeit für den Nachfolger gebucht: Im Juli 1994 enterten die vier Finnen das Tico-Tico Studio in ihrer Heimatstadt Kemi, um “Suomi Finland Perkele” einzutüten. Das sollte vielleicht nicht ihr originellstes Album werden, aber ein einflussreiches allemal. Und wenn es nach Drummer und Songwriter Kimmo “Sir” Luttinen gegangen wäre, auch ein Fingerzeig in Richtung Zukunft. Allein, es kam anders.

Nur wenige Herausforderungen

Im Studio lief alles glatt. Kimmo, sein älterer Bruder Mika (Gesang), Gitarrist Jarno Anttila und Bassist Taneli Jarva (nebenher ja auch noch Sänger und Bassist bei SENTENCED) hatten jedenfalls keine Mühe, die halbe Stunde Musik in der geplanten Zeit einzuspielen. Keine schwere Leistung, möchte man hinzufügen, da die Songs ziemlich straight komponiert sind und die Instrumentalisten vor nur wenige Herausforderungen gestellt haben (sollten).

Unter der Ägide von Ahti Kortelainen wurde den elf Tracks ein ziemlich knalliger Sound verpasst, was vor allem am Klang des Schlagzeugs liegt: Offensichtlich hatte hier am ehesten Sir Luttinen seine Vorstellungen durchgesetzt; jedenfalls klingen die beiden Alben seiner späteren Band LEGENDA soundtechnisch nahezu identisch. Genauso reverbverhallt wie die Drums sind die Gitarren, während der verzerrte Bass im mittleren Bereich eher als Gegenspieler agiert. Der Gesang wiederum thront über allem und ist ziemlich klar verständlich.

Ist „Suomi Finland Perkele“ noch Black Metal?

Ist das noch Black Metal? – so könnte man fragen. Ja und nein. Einerseits ja, denn viele der Songs auf “Suomi Finland Perkele” sind nach wie vor schnell gespielt, wobei das Schlagzeug ganz Black-Metal-typisch die Gitarren in puncto Geschwindigkeit überholen möchte. Andererseits wollen aber auch einige der Songs gar kein Black Metal mehr sein. Also schauen wir sie uns mal der Reihe nach an.

Die Scheibe beginnt mit einem Intro, bei dem der Albumtitel prägnant und mit rollendem “R” gerufen wird, um dann von einer Art militärischem Marsch abgelöst zu werden: Ein Thema, das später jedenfalls noch einmal aufgegriffen wird. Und wen das “Suomi Finland Perrrrrrkele” nicht packt … nun ja, der wird wahlweise mit dem Album oder der finnischen Sprache nicht so recht warm. Und dem Opener „Vitutuksen multihuipennus“: Einem mal lauernden, mal straight knallenden Black-Metal-Stück, bei dem Mika Luttinen die meisten Reime in einem “A” auslaufen lässt, was so herrlich verachtend klingt.

Dann aber „Blood Is Thicker Than Water“ und damit einer der genannten Fingerzeige in Richtung Zukunft: Ein Song aus der Feder des Drummers mit melodiösen Gitarren und melancholischen Harmonien, bei dem einzig der Text über die Erinnerungen an eine verflossene Liebe und den Abzug einer Pistole … jedenfalls agieren IMPALED NAZARENE auch mit diesem sehr melodiösen Song immer noch fernab des Mainstreams. Mit “Steelvagina” sowieso: ein schneller Song mit flirrenden Gitarren, der musikalisch in Richtung “Hate” vom Vorgängeralbum “Ugra-Karma” geht. Vor allem aber ein Song, dessen Titel hinsichtlich des Textes nicht zu viel verspricht.

IMPALED NAZARENE bewegen sich fernab des Mainstreams

Womit wir beim nächsten Stück angelangt sind, das einige Kontroversen ausgelöst hat. Denn der Text von “Total War – Winter War” mit der adaptierten “Sportpalast-Rede” und den patriotischen Anklängen ist bewusst edgy gehalten. Damit hat es sich dann aber auch: Schließlich wird der erste Teil mit dem “Do you want total war” bewusst ins Absurde gedreht: “Do you want fucking war”. Und der kernig getextete “Winter War”-Teil richtet sich letztlich an den Aggressor Russland. Nichtsdestotrotz soll eine kommunistische Jugendorganisation die französische Einzelhandelskette FNAC gedrängt haben, das Album auszulisten: Ob allerdings wirklich die Legende stimmt, wonach der Barcode verwechselt wurde und stattdessen “Ugra-Karma” aus den Läden verschwand … nun ja, das dürfte kaum mehr nachzuprüfen sein.

Zurück zu den harten Fakten: „Quasb / The Burning“ ist ein schleichendes Stück, das mit flächigen Chorus-Keyboards unterlegt ist und wieder aus der Feder von Kimmo Luttinen stammen dürfte. Dagegen ist „Kuolema kaikille (Paitsi meille)“ ein fünfzigsekündiger Black-Metal-Ausbruch, der genauso schnell wie schnell vorbei ist. „Let’s Fucking Die“ wiederum ist ein groovendes Rock’n’Roll-Stück mit Bass-Solo, das für IMPALED NAZARENE-Verhältnisse zumindest ungewöhnlich klingt. Eingängig ist es sowieso.

Bleiben noch „Genocide“ (nochmal straighter Black Metal), „Gettoblaster“ (nochmal galoppierendes Uptempo) sowie der langsame Rausschmeißer „The Oath Of The Goat“, das dem Album zumindest den obligatorischen Goat-Song beschert – allerdings auch kein übermäßig spektakuläres Ende. Denn bis dahin macht das Album Spaß. Sofern man halt nicht Anstoß an den anstößigen Texten nimmt.

Ein Fingerzeig in Richtung Zukunft?

Unterm Strich ist „Suomi Finland Perkele“ ein Album, das ähnlich starke Party-Vibes wie der Vorgänger aufweist, wobei jener aber kompromissloser klingt. Dafür hat es der Metalwelt einige unkaputtbare Slogans geliefert (und so mancher mag mit dem Album seine ersten Wörter Finnisch gelernt haben). Außerdem hätte „Suomi Finland Perkele“ die Zukunft von IMPALED NAZARENE sein können – wenn nicht … ja, wenn sich nicht Kimmo Luttinen und Taneli Jarva 1995 bei den Aufnahmen zur geplanten „Hamnasnas“-EP in die Wolle gekriegt hätten. Also so richtig. Worauf die EP nie erschien und Kimmo die Band im Streit verließ.

Was er sich musikalisch vorgestellt hat, dürfte in Richtung der beiden genannten LEGENDA-Alben „Autumnal“ und „Eclipse“ gegangen sein, die er 1997 und 1998 veröffentlicht hat (übrigens beide absolut empfehlenswert). IMPALED NAZARENE machten schließlich ohne die beiden Streithähne weiter und hauten 1996 das ungleich rohere „Latex Cult“ raus, bei dem alle zarten Anflüge von Veränderung wie ausgelöscht waren. Wobei: Statt Black Metal machten die Finnen nun „Nuclear Metal“, was irgendwie besser zum Charakter des Albums passt. Dazu aber beizeiten mehr.

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17.07.2024

- Dreaming in Red -

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1 Kommentar zu Impaled Nazarene - Suomi Finland Perkele

  1. Bluttaufe sagt:

    Was habe ich dieses Album damals geliebt…und ich liebe es heute noch. War „Ugra Karma“ eine fiese Abrissbirne so hört man hier erstmals melodische Töne von IN.
    Ich finde „Suomi Finland Perkele“ um einiges eingängiger als der Vorgänger „Ugra Karma“. Und so gesehen ist es das letzte „Black Metal“ Album von IN, da man danach mit „Latex Cult“ und „Rapture“ (ich liebe diese Alben) weitaus punkiger agierte. Nicht zu vergessen auch das kurzlebige Metal/Punk Projekt THE ROCKING DILDOS, welches ich jeden „Latex Cult“/“Rapture“ Fan ans Herz lege.
    10/10 Punkte!

    10/10