Eine der vielversprechendsten Bands des deutschen Black-Metal-Undergrounds meldet sich mit ihrem dritten Album zurück und sie sind origineller und überzeugender denn je. Die latent abgedroschene “Make it or break it”-Maxime, die für Bands beim dritten Album gilt, haben IMHA TARIKAT bzw. ihr Beinahe-Alleinbetreiber Kerem Yilmaz definitiv verinnerlicht. Waren sowohl “Kara Ihlas” und mehr noch “Sternenberster” solide bis starke Alben, die zwischen “typisch deutschem” Sound (SECRETS OF THE MOON, DARK FORTRESS, NAGELFAR und Co.) und zeitgenössischer Melodieführung (UADA und Konsorten) mit so manchen eigenständigen Akzenten aufwarten konnte, gehen IMHA TARIKAT auf dem fabelhaft betitelten “Hearts Unchained – At War With A Passionless World” endgültig in die Vollen. So ist ein zeitgenössisches Black-Metal-Werk entstanden, das mit Erhabenheit und Anspruch demonstriert, wie Kunst klingen kann, die nicht nur bei ihrer Erschaffung viel Zeit und Aufmerksamkeit in Anspruch genommen haben muss, sondern diese Hingabe auch von ihrem Publikum fordert.
IMHA TARIKAT müssen von nun an nichts mehr beweisen
Dabei hat das Album dennoch nichts mit den verkopften Kabala-Exegesen moderner Orthodoxie-Priester gemein. Der Titel des Albums ist durchaus wörtlich zu verstehen und konstant von der Musik reflektiert. Es ist, als ob jede Note darauf ausgelegt ist, bei den Hörenden eine unmittelbare emotionale Reaktion zu provozieren. Nach dem kurzen Intro “Deeper Within ”folgen Snare-Schläge und Kerems unvergleichliches, rohes und emotionales Brüllen und der erste Song “Radical Righteousness” nimmt die Ohren recht flott gefangen. Die kristallklare Produktion aus dem bewährten Hause Michael Zech/V. Santura ist zwischen Finesse und Atmosphäre gut ausbalanciert, der Gesang wie immer markant in den Vordergrund gemischt. Das stimmungsvolle “Touch Of Mercy”, das zudem belegt, wie spannend und eigenständig Kerems Gitarrenarbeit ist, sorgt für Dynamik bis das Album mit dem intensiven, zentral platzierten Doppel “Brute Majesty” und “Flood Of Love (The Beast Trigger)” einen Spannungshöhepunkt erreicht. Klar, dass danach mit “Birth Of Grandeur”, welches durch seinen Kirchenorgel-Synthesizer leicht an NEGATIVE PLANE erinnert, ein ruhiges Interlude kommt. Ach, und können wir bitte einen Moment innehalten und neben allem bereits erteilten Lob die abgefahrenen Schlagzeugkünste von (Session-)Drummer Melvin Cieslar würdigen?
“Hearts Unchained – At War With A Passionless World” wird seinem Titel vollends gerecht
Nach dieser Zäsur wird die B-Seite angenehm oldschoolig mit dem Zungenbrecher “Dominator Proselytism Tactics” eingeleitet, welches viele Erinnerungen an die frühen Neunziger in Skandinavien weckt und trotz seiner Blastbeats in der Melodieführung elegisch und getragen erscheint. Besonders “Streams Of Power – Canavar”, das sich einiger Achtziger-Gothic-Einfllüsse bedient, ist hier noch hervorzuheben, weil es in besonderem Maße hervorsticht. Auch der Schlusstrack “Beast Of Sovereignty” ist eine Erwähnung wert, da er noch ein Mal sämtliche Stärken der vergangenen, erstaunlich kurzweiligen dreiviertel Stunde zusammenfasst und sinnbildlich für “Hearts Unchained – At War With A Passionless World” stehen kann.
Eine emotionale Achterbahnfahrt
IMHA TARIKAT ist mit ihrem dritten Album ein monumentales Kunstwerk gelungen, das einerseits detailverliebt und anspruchsvoll ist, andererseits aber verblüffend intuitiv und direkt ist. Die Bandbreite an Gefühlen, die die Kölner in der Lage sind, abzudecken ist für eine Black-Metal-Band ungewohnt komplex und nicht ausschließlich von plakativer Dunkelheit gezeichnet. Sowohl dadurch als auch durch den Umstand, dass “Hearts Unchained – At War With A Passionless World” durch seine clevere Dramaturgie wie ein einziger, zusammenhängender Film wirkt, gibt es unheimlich viel an dem Album zu entdecken. An Langzeitwirkung dürfte es nicht fehlen. Sofern man grundsätzlich mit dem eigenwilligen Stil der Band etwas anfangen kann, ist IMHA TARIKAT zu bescheinigen, dass sie nicht nur alles richtig gemacht, sondern auch noch eine ordentliche Schippe drauf gelegt haben.
Yey Mörderalbum!
Moderner BM, der Videosong gefällt mir ziemlich gut. Einzig die Produktion empfinde ich als etwas zu dünn, aber vielleicht kommt das ganze Album da etwas anders rüber.
Richtig gute Platte. Handwerklich oberste Schublade, tolles Gebrülle, gute Ideen und die Scheibe funktioniert als Gesamtkunstwerk von Vorne bis Hinten. Jeder einzelne Song aber eben auch. Selbst das orgelige Interludium entzückt mich, hab ich so auch länger nicht gehört (obwohl prinzipiell nix Besonderes).
Hab ich im Dezember verpasst, wird nachträglich weit oben in die Topliste für 2022 getragen und wird mit Sicherheit nicht langweilig. Könnte sogar was für die (meine) Ewigkeit werden.
Coole Mucke, aber der dämliche Gröhlgesang nervt abartigst.