Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.
Wenn es um das beste Album von ILLDISPOSED geht, fallen eigentlich immer Titel wie „1-800 Vindication“, „Burn Me Wicked“ oder auch durchaus der des 2016er Werks „Grey Sky Over Black Town“. Wenn es allerdings um das brutalste Werk der eierlosen Nutten aus dem schwulen Norden geht, dann darf eigentlich nur ein Name fallen: „Four Depressive Seasons“. Denn dieses oft etwas vernachlässigte Debüt hat es absolut in sich.
ILLDISPOSED mit einen Einstand nach Maß. Archaisch roh, dennoch ausgefeilt.
Bo Summers abgrundtiefes Gegrunze eröffnet die Scheibe stilecht und „Forbidden Summer Poetry“ gibt die gnadenlose Richtung der Scheibe gleich mal unmissverständlich vor. Die Mucke von ILLDISPOSED pendelt sich irgendwo zwischen schwerem düsterem Todesblei und Brutal Death ein, dazu growlt sich das mittlerweile einzige verbliebene Gründungsmitglied die Seele aus dem Leib, herrlich. Aber die Dänen zeigen auch gleich hier eindrucksvoll, dass sie nicht nur brutal, sondern durchaus auch mit Melodien und Strukturen zocken können.
Das klingt ganz verdächtig nach BRUTALITY, oder? Völlig richtig. Doch die Amerikaner konnten kein nennenswerter Einfluss für ILLDISPOSED gewesen sein, da sie selber erst zur gleichen Zeit durchstarteten. Zwei Kapellen auf zwei unterschiedlichen Kontinenten, die zur gleichen Zeit mit einer ziemlich ähnlichen Grundidee für frischen Wind sorgten, das erlebt man auch nicht alle Tage.
Und dann kommt auch schon gleich „Reversed“, für viele der erste richtige Hit der Dänen. Dieser Song ist mal so richtig stark durchkomponiert, bietet alles von schwerem Midtempo bis hin zu Blast, kann mit jeder Menge feiner Melodien punkten und überrascht mit einem eigenwilligen Ende. Stark!
So you are my friend with the cross reversed
„Life Equals Zero (A Love Song)“ baut sich genial auf und wird zu einer tonnenschweren Walze, inklusive erneut so einem drückenden melodischen Part. „A Deathwork Orange… The Winter Of Our Discontempt“ überrascht mit einer Art Intro mitten im Song, der sich nach einem fiesen Lachen erneut entlädt. Und der schräge opernhafte Gesang zum Ende ist definitiv das, was man einen Farbtupfer nennt.
Apropos, der eigenwillige Kinderlied-Gesang zu Beginn von „Wardance Of The Technocracy“ inklusive klatschender Ohrfeige ist jetzt auch alles andere als Standardware. Aber nun ja, schrägen Humor hatten die Jungs halt schon immer. Dann setzt sich wieder eine schwere Walze in Gang. „Four Depressive Seasons“ kann dich echt vom feinsten niederdrücken, das beeindruckte schon damals absolut.
Und ILLDISPOSED gehen weiter gnadenlos drauf, die Scheibe lässt dich null durchatmen. Aufstehen und davon schleichen? Keine Chance, denn es gibt immer wieder gleich die nächste Keule auf die Ohren. Das Niveau bleibt für ein Debüt erstaunlicherweise gleichbleibend hoch.
Letztlich gibt es dann noch „With The Lost Souls On Our Side“ auf die Löffel. Alleine dieses Intro mit dem ääähm… Gespräch in deutscher Sprache und den Schafen und Ziegen. Nun ja, erneut ziemlich schräg, aber irgendwie genial gemacht. Und dann fahren ILLDISPOSED nochmal einen schweren düsteren Stampfer auf, natürlich erneut mit Blasts und allem Drum und Dran. Geplättet bleibt man zurück, hat sich aber eigentlich direkt in dieses Debüt verliebt.
From the unknown we‘ve arrived, with the lost souls on our side
„Four Depressive Seasons“ ist archaisch roh und gleichzeitig doch irgendwie ausgefeilt. Das ist natürlich alles noch nicht 100%ig ausgereift, logischerweise, hat aber unbestritten unheimlich viel Charme. Es ist durchaus beeindruckend, wie gut die damals noch jungen Dänen das Wechselspiel von Brutalität und Melodik beherrschten. In die nahe liegenden nordischen Nachbarländer schauen ILLDISPOSED eigentlich gar nicht, der Blick geht vielmehr über den großen Teich. So dürften den Jungs auch Kapellen wie MASSACRE durchaus auch gefallen haben. Doch man kopiert niemanden sondern kreiert vielmehr sein eigenes tödliches Gebräu.
ILLDISPOSED gelang mit „Four Depressive Seasons“ 1993 ein beachtliches Debüt, dass man noch heute gerne immer wieder mal auflegt. Und nicht wenige hätten sich ganz sicher gewünscht, dass die Dänen in genau diesem Stil weitergemacht hätten. Aber hätte zählt halt nicht, und die meisten Scheiben, die bis heute veröffentlicht wurden, sind ja auch alles andere als von schlechten Eltern. Aber diese hier ist eben absolut einzigartig in der Karriere von ILLDISPOSED.
…und nicht zu vergessen Kokaiinum mit dem Knüller Intellargent!