Ihsahn - The Adversary

Review

Wir schreiben das Jahr fünf nach dem Abdanken EMPERORs. Zwar ersteht der ehemalige Regent noch einmal für eine letzte Gastspielreise auf, das Triumvirat seiner Macht widmet sich heute jedoch anderen Tätigkeitsfeldern. So brachten Samoth und Trym bereits kurz nach dem Abgang EMPERORs das Debütalbum von ZYKLON heraus, während sich IHSAHN hauptsächlich mit PECCATUM und STAR OF ASH, den Projekten seiner Frau Ihriel, sowie THOU SHALT SUFFER beschäftigte. Nachdem sowohl PECCATUM als auch THOU SHALT SUFFER seit einiger Zeit auf Eis liegen, erscheint nun sein erstes Soloalbum unter dem Banner „Ihsahn“, auf dem der einstige EMPEROR Frontmann zahlreiche musikalische Einflüsse zu einem vielschichtigen, progressiven Ganzen vereint.
Das Album setzt dabei von der Komplexität her nach „IX Equilibrium“ an und bewegt sich ungefähr auf einem Level mit dessen Progressivität. Auch BORKNAGARs „Empiricism“ und VINTERSORGs „Visions From The Spiral Generator“ sind sowohl was die musikalische Ausrichtung als auch was die Komplexität angeht, passende Hilfen zur Einordnung des Albums. Peitschende, schwarzmetallische Ausbrüche im Blastspeed tragen das Erbe EMPERORs in sich, spielen aber bei weitem nicht die Hauptrolle auf „The Adversary“. Melodische Leads rücken viele Stellen in die Nähe traditionellen Heavy Metals, während hauptsächlich progressive, häufig sogar thrashig angehauchte Rifffolgen und Breaks das Album prägen. Dabei trägt jeder Song einen gewissen Stempel und betont jeweils einen eigenen Haupteinfluss. Auch wenn das Album im Gesamtkontext erfahren werden will, stechen vor allem „Citizen“ und „Homecoming“ heraus. Während sich ersterer auffällig EMPEROR-beeinflusst gibt, besticht „Homecoming“ besonders durch das Duett mit ULVERs Garm, der das Stück durch seine unverkennbare, warme Stimme veredelt und sich mit seinem Beitrag für zahlreiche Gastauftritte IHSAHNs bei seinen eigenen Projekten revanchiert. Ansonsten zeichnet IHSAHN bis auf die Drums, die von BORKNAGAR-Trommler Asgeir eingespielt wurden, für die komplette restliche Instrumentierung verantwortlich.
Den Synth-Arrangements kommt zwar häufig die Rolle eines untermalenden Klangteppichs zu, teilweise übernehmen sie jedoch – wie in „Homecoming“ – auch melodieführende Funktion, was einigen Parts einen klassischen Anstrich verpasst. Wie IHSAHN im Interview erklärt, war es sein erklärtes Ziel, auf jeglichen modernen produktionstechnischen Schnickschnack zu verzichten. Und so entpuppt sich das Soundgewand des Albums als recht gewöhnungsbedürftig. Für Ohren, die hauptsächlich derzeit gängige Bombastproduktionen gewohnt sind, und die einen ähnlich massiven Sound-Overkill erwarten wie bei EMPEROR, klingt „The Adversary“ befremdlich dünn und unterproduziert. Meine Lauscher eingeschlossen. Keine heruntergestimmten Instrumente, keine orchestralen Arrangements, sondern sinfonische Begleitung ohne jeden Pomp. Ein besonderes Problem hatte ich anfangs mit dem sehr dünnen Keyboardsound, der mir mit seiner Omnipräsenz zunächst jeglichen Spaß an der Scheibe zunichte machte. Ich hadere zwar bis jetzt mit den für meine Begriffe einfach zu synthetisch und billig klingenden Synthie-Sounds, mittlerweile habe ich allerdings gelernt, mit diesem Manko zu leben.
Leider fällt „The Adversary“ zum Teil demselben Phänomen zum Opfer, das bereits die erwähnten „Empricism“ und „Visions From The Spiral Generator“ zu sehr zwiespältigen Angelegenheiten machte: neben einigen wirklich gelungenen Songs, wie „Called By The Fire“, „Citizen“, „Homecoming“ oder „Will You Love Me Now?“ wirken viele Stellen seltsam beliebig verschroben, was besonders aufgrund des bereits bemängelten Sounds einen faden Nachgeschmack hinterlässt. Dennoch eine Scheibe, die man antesten sollte!

09.04.2006
Exit mobile version