Die Spannung ist groß. Nach Abschluss seiner Trilogie „The Adversary“, „AngL“ und „After“ wäre es IHSAHN eigenen Äußerungen zufolge nur recht, wenn „Eremita“, das nunmehr vierte Album seiner Solo-Karriere, losgelöst von seinen Vorgängern aufgenommen würde. Dass das leichter gesagt als getan ist und er wahrscheinlich mittlerweile froh sein kann, wenn nicht sofort die EMPEROR-Vergleiche ausgepackt werden, war dabei irgendwie klar – aber wirklich einfach macht IHSAHN es seinen Hörern auch nicht, seine bisherigen Aktivitäten als Einzelkämpfer auszublenden.
Cover und Titel des Albums lassen mich (natürlich ganz unwillkürlich…) an Friedrich Nietzsche und genauer an die von ihm erschaffene Figur des Zarathustra denken – jener zählt ja, genau wie weitere „Rebellen“ namens Ikarus oder Prometheus, seit jeher zu den bevorzugten Themen des umtriebigen Norwegers. Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass „Eremita“ auch IHSAHNs ganz persönliche Geschichte erzählt. Vegard Tveitan, der Eremit, der die vollen Straßen, Marktplätze und EMPEROR-Tempel von Blackmetalopolis verlässt, um abseits des Gedränges zu sich selbst zu finden: ‚What I seek is deep inside‚ („Introspection“).
Und das hat er – auch wenn er seine Ankündigung, sich von „After“ aus überall hinbewegen zu können und zu wollen, streng betrachtet höchstens im gitarrenfreien Interludium „Grief“ umsetzt. Doch selbst dieses fügt sich absolut stimmig in das gesamte Album ein, das ich an dieser Stelle einfach mal als ‚Essenz‘ IHSAHNs bezeichnen möchte.
Das Klangbild des Albums, das wieder einmal durch das großartige Saxophon-Spiel Jørgen Munkebys (SHINING (NO)) bereichert wurde, ist dem von „After“ sehr ähnlich, was sicherlich zu einem Großteil an genanntem Solo-Instrument, aber auch an den achtsaitigen Gitarren liegt, die IHSAHN erstmals auf „Eremita“s direktem Vorgänger eingesetzt hatte; zum Teil liegt es aber wahrscheinlich auch daran, dass „After“ im Hinblick auf eine der Atmosphäre zuträglichen Produktion einfach nicht mehr viel Luft nach oben bot.
Doch halt! „Eremita“ ist mitnichten so anorganisch und steril wie „After“ – und das ist auch genau der Grund, warum ich in „Eremita“ IHSAHNs eigene Geschichte höre: Die Songs sind emotional wieder deutlich menschlicher, deutlich tiefer. Wut, regelrechter Zorn, Verzweiflung, (Selbst-)Verachtung – all das lässt sich in den gut 54 Minuten miterleben. Mit „The Grave“ ist jedoch auch ein Song dabei, der ähnlich schwer und leblos wie „On The Shores“, der letzte Song „After“s, klingt – dabei aber keineswegs den Fluss des Albums stört. In alle Songs sind aber Elemente aus „The Adversary“ und „AngL“ eingeflossen, was mich zum oben verwendeten Terminus ‚Essenz‘ verleitet hat.
Aus technischer Sicht gab es bei IHSAHN ja eigentlich nie viel zu sagen – der Mann kann Gitarre spielen, aber hallo! Der Mann weiß auch, wie er seine Ideen in die passende klangliche Form gießt. Der Mann weiß auch, wie er seine Ideen stimmlich umsetzt. Und dennoch – und das ist das beste Zeichen dafür, dass IHSAHN so langsam dort angekommen ist, wo er hinwollte – kann „Eremita“ Fortschritte nicht verleugnen: Die Arrangements sind noch ausgefuchster, die harmonischen Auflösungen lassen mich spontan sabbern, selbst vermeintliche Kleinigkeiten wie die variablen Blastbeats von Drummer Tobias Ørnes Andersen (LEPROUS) sind ganz offenbar bis ins kleinste Detail durchdacht. Zusätzlich werden die wahrlich herausragenden Kompositionen durch das bereits erwähnte Saxophon, Gesangsbeiträge von Einar Solberg (LEPROUS), IHSAHNs Gattin Ihriel (STAROFASH, PECCATUM) und Devin Townsend sowie das Gitarrenspiel Jeff Loomis‘ veredelt.
Zusammenfassend ist IHSAHN mit „Eremita“ der angestrebten Perfektion näher als je zuvor. Und da stört mich überhaupt nicht, dass man IHSAHN auch auf dem vierten Album seine Vergangenheit anhört.
Das hier ist für mich über weite Strecken langweiliges Gegniedel, selbst wenn die Songs für IHSAHN-Verhältnisse relativ eingängig sind und hier und da ein netter Moment aufblitzt. Was mich aber am meisten stört ist dieses oftmals wirklich nur noch nervige Gequietsche und Gequieke am Mikro. Das konnte der Imperator auch schonmal besser…
Jedes Wort in der Rezension kann ich unterschreiben. 9 Punkte sind absolut angemessen – der Gesang ist übrigens weder schlechter noch sonderlich viel besser geworden – wäraberauch schwer gewesen, klar; nicht vom Sickman stören lassen 😉
In jedem Fall handwerklich sehr gut gemachtes Album. Was ich einfach allerdings trotzdem vermisse, und die anderen Soloscheiben von ihm bilden da keine Ausnahme sind die prägnanten Hooks, die fehlen mir einfach. Aber ich denke, dass verklärte, etwas fragende System bei dem Material ist durchaus gewollt. Ich frag mich nur, wieviele Scheiben sich Herr T. wohl gedenkt, davon absetzen zu können..
Und noch mehr frage ich mich, was diese Musik mit der Sparte Black Metal zu tun haben soll? Metal.de Redakteure? Ich will Euch wirklich nicht zu Nahe treten..aber denkt noch mal nach, ob das vielleicht eher in den progressiven Rock / Metal Bereich gehört. Wenn man sich sschon die Mühe macht, hier alles in sinnlose Kategorien zu unterteilen, dann bitte auch halbwegs passend..nur ein bisschen…ein klein bisschen..ihr Superexperten
Ich denke das Album ist sehr gut in den einzelnen Musik-Sparten eingeordnet. Wer lesen kann… 🙂
Zum Album: Ihsahns Solowerke bewegen sich durchweg auf einer Linie im Mittelmaß, was diese Art von Musik an geht. Mich haben diese Alben daher leider nie wirklich angesprochen, und da macht auch das neue Album keine Ausnahme. Den Thrill, den Kick, das Besondere suche ich auch nach Jahren immer noch vergeblich und jedesmal aufs Neue wundere ich mich darüber, wie man diese Alben so hochjubeln kann. Da gibt es meiner Meinung nach doch Ähnliches in besser.
@Cloud: Deine zweite Frage beantworte ich gern: Mal ganz abgesehen davon, dass diese „Schubladen“ für eine halbwegs brauchbare Navigation auf einer solchen Seite unerlässlich sind, fällt dir bei näherer Betrachtung vielleicht auf, dass oben direkt unter der Angabe „Black Metal“ einige andere Genres aufgelistet sind, darunter „Progressive Black Metal“ und „Progressive Rock“. Wir sind also durchaus bemüht, die besprochenen Alben „halbwegs passend“ einzusortieren.
Im Übrigen steht die Verbindung von IHSAHN zum Black Metal allein durch seine Vergangenheit außer Frage – und selbst wenn man sich weigert, diese anzuerkennen, gibt es auf allen seinen Solo-Alben reichlich Elemente, die eine Verortung im Black Metal-Dunstkreis mehr als rechtfertigen.
Hochachtungsvoll,
-der Superexperte-
Der Mann kann schon was, und beim Solodebüt lief mir das auch noch gut rein, aber mir ist sein Solozeugs mittlerweile einfach zu prätentiös geworden, zu sehr „Ihr Wichte! Schaut her, was ich kann!“
können macht nicht gleich gute musik. hier is bissel was über dem mittelmass raus gekommen
10 von 10. Relativ einfache Geschichte für mich. Kompositorisch über alles erhaben. Eine Atmosphäre und Stimmung die trotz der sehr progressiven Schlagseite noch ins Mark geht. Und was das mit Black Metal zu tun hat? Einiges. Aber ja, mittlerweile muss ja alles totaler Rotz und nach Fisherprice Aufnahme klingen, damit es authentisch wirkt. Sorry aber die Kinder können zu Hause bleiben. Der Mann hat hier ein extrem starkes Metal Album produziert, das unfassbar viele Facetten bietet. Für Leute die Bock auf tiefgängigere Musik haben, die vielschichtig ist, sehr zu empfehlen.