Ignominy - Imminent Collapse

Review

Man nehme das Genre-Tag Progressive/Technical Death Metal und füge noch das Attribut „Band aus Kanada“ hinzu – und die Chancen stehen gar nicht mal so schlecht, dass dem Fan zerebraler Death-Metal-Kunst ein bisschen nass ums Höschen wird. IGNOMINY aus Quebec lassen derartig aphrodisierende Wallungen von Übersee hierher schwappen. Dabei besteht die Band aus weitestgehend noch recht wenig profilierten Akteuren mit nur wenig Referenzen hauptsächlich im Bereich Black und Death Metal, sind also nicht wieder eine dieser aus anderen, größeren Bands zusammengewürfelten Gruppierungen, bei denen jeder mal mit jedem darf, auch wenn es die Formation lt. Metal Archives schon eine ganze Weile gibt. Wir haben es hier also tatsächlich mit einer noch recht frischen Band zu tun, die ihren Hut mit „Imminent Collapse“ nun erstmals in voller Länge in den todesbleiernen Ring wirft.

Todesbleierne Finsternis mit Hirn aus Kanada

Dieser Hut wiegt schwer: Zu hören gibt es auf dem Full-Length-Debüt „Imminent Collapse“ Kost, welche die Presseinfo eine stilistische Nähe zu u. a. ULCERATE und GORGUTS zuschreibt. Das kann man im Grunde so stehen lassen, höchstens vielleicht noch so was wie DESOLATE SHRINE hinzufügen. Die Kanadier haben aber definitiv die Finsternis der Neuseeländer gepaart mit der Progressivität ihrer Landsmänner verinnerlicht und darauf ihren Sound recht stringent aufgebaut. Der technische Aspekt der Platte dreht sich dabei glücklicherweise weniger um die halsbrecherische Wendigkeit der Finger an den Saiten und mehr um die reine Stimmungsmache mit reichlich fiesen Pinch Harmonics und Arpeggios. In Kombination mit dem Hang der Band zu Tempowechseln und Dissonanzen fährt man mit den beiden genannten Bands als Referenz doch schon ganz gut.

Das alles kumuliert beispielsweise direkt bei „Defaulting Genetics“ bei einem echten Nackenbrecher voller Grooves. Ein weiteres Element macht sich hier auch bemerkbar, das ein bisschen mit den Dissonanzen einhergeht, hier und da aber auch mal etwas offener zu Tage tritt: Es gibt durchaus schwarzmetallische Würze, die sich entweder wie hier durch einige Shagrath-Gedenk-Shrieks von Seiten Alex Desroches oder eben musikalisch etwas offener wie zu Beginn des folgenden „Reminiscence Of Hatred“ äußern. Apropos Desroches: Er klingt über die meiste Zeit wie ein richtig angepisster, wütender Dämon, vergleichbar etwa mit Ben McCrow (ex-THE ROTTED) oder eben auch Paul Kelland (ULCERATE), was vor allem in den biestigeren Momenten von „Imminent Collapse“ besonders schön zur Geltung kommt.

IGNOMINY liefern einen Einstand nach Maß

Besonders gefällt, dass IGNOMINY einerseits gerne mal richtig feste auf die Tube drücken und ihren Sound mit Schmackes nach vorne bringen wie bei den ultrastraffen Blastbeats, die „Nightmare Bacteria“ einleiten – überhaupt ist „Imminent Collapse“ erfreulich heavy ausgefallen, man höre hier auch nur die heftig klöppelnden, triolischen Blasts in „Visceral“. Auf der anderen Seite nehmen sie gerne auch das Tempo raus – nicht zu viel zum Glück – und lassen die finstere Atmosphäre für sich sprechen, etwas das im zuvor genannten „Nightmare Bacteria“ ebenfalls wunderbar zur Geltung kommt. Gelegentlich wird mit etwas Effekthascherei nachgeholfen wie in den beiden Interludes oder dem abschließenden „Visuals“, aber das bleibt im Rahmen des Vertretbaren.

Mit nicht mal 35 Minuten auf der Uhr ist „Imminent Collapse“ natürlich recht bündig ausgefallen, aber angesichts der Intensität des Dargebotenen kann das eher als Vorteil gewertet werden. Die Kurzweil sorgt dafür, dass sich IGNOMINY nicht zu sehr in ziellosem Gewichse verlieren, sondern ihre Songs nach vorne bringen, zumal man aufgrund des komplexen Songwritings kaum den Eindruck gewinnt, dass irgendein Song der Platte zu kurz geraten wäre. Damit legen die Kanadier einen Einstand nach Maß hin, quasi aus dem Stand, denn wie eingangs erwähnt: Die Bandmitglieder sind noch vergleichsweise frisch und unbeschrieben, sodass die Beobachtung der weiteren Entwicklung der Herren spannend zu werden verspricht. Hiermit sei „Imminent Collapse“ jedenfalls Anhängern der zelebralen Todeskunst ans Herz gelegt.

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22.03.2023

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Ignominy - Imminent Collapse

  1. destrukt. sagt:

    Sehr schönes Disso-Death-Debut, dem es vllt noch etwas an Eigenständigkeit und Intensität mangelt, aber handwerklich astrein. Man darf gespannt sein, wie sich da der Weg fortsetzt. Neben Gorod, Demon King, Lost Brethren und Contrarian auch ein Grund, warum man als Freund des Tech-Deaths diesen Monat sehr zufrieden sein durfte.

    7/10
  2. ClutchNixon sagt:

    Dem darf ich mich anschließen und packe noch Virtusira und ihr hervorragendes „We will writhe“ oben drauf!