ICS Vortex - Storm Seeker

Review

Erst dreizehn Jahre ist es her, dass Simen Hestnæs als ICS Vortex auf der großen metallischen Bildfläche aufgetaucht ist – das war 1998 auf BORKNAGARs drittem Album “Archaic Course“, wenn man zwei Demos mit seiner Doomband LAMENTED SOULS nicht mit einrechnet. Seitdem hat der Mann mit der außergewöhnlich-autodidaktischen Tenorstimme eine relativ beispiellose Karriere hingelegt – nach BORKNAGAR folgte der Einstieg bei DIMMU BORGIR, später bei ARCTURUS. Zuletzt verlief diese Karriere zwar nicht mehr ganz gradlinig, nimmt aber dafür mit Hestnæs‘ erstem Soloalbum als ICS VORTEX eine überraschende Wende.

Und eine tolle noch dazu. “Storm Seeker“ hört man die Erfahrungen aus einem guten Dutzend Jahren Albenproduktionen, Welttourneen und der Liebe für gute Musik in jeder Sekunde an. Wer hier allerdings irgendeine Form von Black Metal erwartet hat, ist schief gewickelt. Hestnæs hat sich auf diesem sehr persönlichen Album vom größten Teil der stilistischen Fesseln befreit, die ihm seine vorherigen Bands zwangsläufig auferlegen mussten – und gleichzeitig scheinbar von einer Menge Ballast, den die letzten Jahre für diesen Mann sicherlich mit sich gebracht haben. Die textliche Herangehensweise, sich aktiv mit den “Stürmen“ seines Lebens auseinander zu setzen und sie lieben zu lernen, mag nicht neu sein, aber sie ist immer wieder faszinierend.

Musikalisch haben ICS VORTEX (übrigens verstärkt durch hochkarätiges Personal aus dem BORKNAGAR-Umfeld) elf kurze, sehr prägnante Songs auf die Beine gestellt, die neben ihrer urigen Kraft vor allem eines eint: Der Ohrwurmcharakter, den Hestnæs‘ Stimme einfach hat. Das mit jedem Hödurchgang wachsende Riffing kann man dabei in etwa zwischen älteren BORKNAGAR, klassischem oder progressivem Rock im JETHRO TULL-Stil (“Storm Seeker“) und ein bisschen doomig-kiffiger Stoner-Atmosphäre verorten. Psychedelische Gitarreneffekte (“Dogsmacked“), experimentelle Eighties-Synthesizer (“The Submariner“) oder folkige Flöten geben den erfreulich direkten, nicht künstlich in epische Breiten gezogenen Songs ihren speziellen Reiz. Das und die erstaunliche kompositorische und instrumentelle Versiertheit sorgen auch dafür, dass das Album mit der Zeit immer besser wird und sich nicht in der Geschwindigkeit abnutzt, wie man das von vielen moderneren Metalproduktionen kennt. Die erdige, ausgewogene und trotzdem nicht altbackene Produktion unterstützt diese Atmosphäre noch zusätzlich.

ICS VORTEX ist mit ihrem Debüt ein rundes, wohlüberlegtes, abwechslungsreiches Album gelungen, das vor allem seine Eigenständigkeit und Ungezwungenheit auszeichnen. Hestnæs macht auf mich endlich den Eindruck, sich einmal ganz in eine Band einbringen zu können. Im Gegenzug unterstützen ihn seine Mitmusiker hörbar optimal bei seinen künstlerischen Visionen. Bei mir hat das immer zu Motivationen geführt, die mir sonst gefehlt haben – wünschen wir dem Mann, dass es bei ihm genauso ist. Wollen wir hoffen, dass es sich bei “Storm Seeker“ nicht um ein einmaliges Vergnügen handelt.

19.08.2011
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