Ian Anderson - Homo Erraticus

Review

Der Mann hat (Prog)Rockgeschichte geschrieben, keine Frage. Seine Band JETHRO TULL ist eine der wichtigsten und experimentierfreudigsten Bands des gesamten Genres. Alben wie “Aqualung” oder “Thick As A Brick” haben bis heute nichts von ihrer Brillanz verloren. Mit “Homo Erraticus” kredenzt IAN ANDERSON seinen Fans nur zwei Jahre nach “Thick As A Brick 2” erneut einen Folk-Prog-Leckerbissen par excellence und schenkt uns zudem auch ein Wiedersehen mit Gerald Bostock.

Die Rezeptur hat sich dabei nur marginal geändert. Wo der Vorgänger musikalisch und thematisch (logischerweise) noch sehr an den Genreklassiker aus dem Jahr 1972 angelehnt war, zeigt sich “Homo Erraticus” ein wenig ruhiger. Ruhiger heißt in dem Fall aber nicht, dass IAN ANDERSON dem Hörer leichte Kost vorsetzt. Es ist auch auf dem neuen Album so, dass sich viele Details oder Melodien erst nach mehrmaligem Hören offenbaren. IAN ANDERSON und seine Band pendeln dabei immer gekonnt zwischen den Stilen. Mal etwas rockiger, mal etwas folkiger – aber immer anspruchsvoll und nie an der Grenze zum Kitsch. Zwar könnte die Gitarre von Florian Ophale, wie etwa in “The Turnpike Inn” ein wenig öfter das Geschehen bestimmen, dem positiven Gesamteindruck tut das aber keinen wirklichen Abbruch. Vielmehr werden (abgesehen von der Querflöte natürlich) die auf dem Album gespielten Instrumente gleichberechtigt behandelt, so dass die Band ein wirklich interessantes Potpourri an Stilen und Stimmungen kreiert. Die Reminiszenzen an die eigene Vergangenheit sind natürlich ebenfalls allerorts zu hören, genauso wie ein Stück wie “The Browning Of The Green” sich musikalisch in der Form auch auf ARJEN ANTHONY LUCASSENs Soloalbum hätte befinden können. Auf der anderen Seite hat IAN ANDERSON schon seit jeher seine ganz eigene Art des Komponierens gehabt und kultiviert diese auch auf “Homo Erraticus”. Das Album folgt einem roten Faden, der sich nicht ausschließlich auf das textliche Konzept beschränkt. Auch in musikalischer Hinsicht bilden die einzelnen Songs eine Einheit. Dabei kann eine mit dezentem Chanson-Flair ausgestattete Nummer wie “Meliora Sequamor” neben rockigen Songs wie dem Opener “Doggerland” und “The Engineer” oder dem Instrumental “Tripudium Ad Bellum” stehen. Es gelingt wirklich nicht vielen Künstlern nach derart langer Zeit ihre Musik trotzdem frisch und unverbraucht klingen zu lassen.

IAN ANDERSON ist kompositorisch noch immer auf der Höhe und hat auch nach wie vor etwas zu sagen, ohne dabei aufgesetzt oder künstlich zu klingen. Es ist die Mischung aus den immer mit einem leicht melancholischen Unterton versehenen Gesangsmelodien, Ians charismatischer Stimme selbst und dem hin und her Springen zwischen Folk-, Hard- und Prog-Rock, die auch “Homo Erraticus” so spannend macht.

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15.04.2014

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