Hypnotheticall - In Need Of A God?

Review

Italo-Death/Thrash again, der europäische Stiefel holt wieder aus zum Tritt – doch what the fuck?!? Noch ehe das geneigte Haarkleid seinen aggro-enthusiastischen Pendelrhythmus gefunden hat und die Wangenknochen schon der Freilegung durch eine genregemäß zu erwartende vokale Kreissäge harren – wirft ein nahezu zärtlicher männlicher Alt sämtliche Konventionen dieser ur-metallenen Kategorie über den Schochen. In schönstmöglicher PORCUPINE TREE-Manier wird hier der Toleranzwillen der Brutalinski-Abteilung mittels der ultimativen Melodie aufs fieseste überrannt, unter den irritierten, aggressionsverwöhnten Konventions-Junkies werden keine Gefangenen gemacht: Gnadenlos wir mit brettharten Mitteln der heuer modern gewordenen THE CROWN- oder THE HAUNTED-Pädagogik der Nackensport gelehrt, allerdings fast ausschließlich mit jenem zuckersüßen jünglichen Lehrkörper an prägender Front. Einflüsse dieses unglaublichen Ragouts sind hier tatsächlich kaum an einer Hand abzuzählen: Ihren Anspruch auf Nennung machen u.a. NEVERMORE geltend ob der fruchtbaren Synthese von instrumentalem Geschützdonner mit cleanem Sange jenseits des hohen C’s. Auch bei OPETH konnte man schon sphärische (Mehr-) Stimmschönheit über eisern feuernder Saitenwucht beobachten; bislang unbekannt war mir jedoch die derart kompromisslose Polarisierung von gefühlvollem Ebenmaß und wirklich knochenbrechendem und gleichzeitig phantasievollem Spieldurst sämtlicher Instrumente. Ab „Odour Of Sanctity“ läuft die Band zu wahrer Brillianz auf, so sie von nun an ein atemberaubendes Rollenspiel lebt, das den Gesang schließlich doch noch dazu provoziert, seine erhabene Schönheit für kurze Momente dem hasserfüllten Negativ ihrer Leidenschaft preiszugeben. Umgekehrt geben die Gitarren und der Bass (dann in wunderbar füllenden Läufen!) nicht selten ihren kraftstrotzenden Widerstand gegen die geradezu betörende Stimmharmonie auf und lassen in wunderschön formulierten Augenblicken jene leicht düstere Moll-Melancholie ungehindert an sich geschehen. Die Drums scheinen in jeder Emotion zwischen SLAYER und JETHRO TULL heimisch und gleichsam so herrlich standardfrei, dass sie gemeinsam mit der herausragenden (Eigen-!) Produktion die Komposition zur Vollkommnenheit wachsen lassen. Das einzig erkennbare Problem dieses allerersten Demos der fünf Italiener (Durchschnittsalter: exakt 21 Jahre!) ist ihr Faible für musikalische Polarisierung. Die Skepsis im Umgang mit Neuland wird auch das Auditorium in zwei Lager spleissen – mich für meinen Teil reissen diese drei Stücke nach in jedem Fall erforderlicher Einlebung (nicht unter sechs Durchgänge!) zu der zweifelbefreiten Feststellung „Bestes Underground-Release 2002“ hin. Volle Punktzahl!

14.12.2002
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