Wenn sich eine Spitzenband mit einem Spitzenlabel zusammentut, kann das Ergebnis gewiss und wenig überraschend nicht weniger hervorragend ausfallen. Plus mal Plus ergibt nämlich immer Plus. Elektrohasch und HYPNOS 69, das ist wie die fast schon zur zweiten Familie gewordene Rockband, die immer wieder in den gleichen duftkerzenrauchverhangenen Club einzieht, um dort mit Hippies, Kiffern, alten und jungen Rockern die Nacht durchzumachen. Wenn die Belgier eins zeigen, dann das: Zeitreisen in die Vergangenheit sind unnötig und Retrotrips von in der Midlife-Crisis angekommenen Musikern ebenso. Musik lebt, sie schweigt nicht, hört nie auf zu klingen, und im Gegensatz zu allen anderen Dingen, die wir von der Natur erhalten, kennt sie kein Alter.
Wenn HYPNOS 69 sich zwischen PINK FLOYD, KING CRIMSON, DEEP PURPLE oder den DOORS einnisten, wenn sich die älteren Semester unter uns plötzlich wieder „zuhause“ fühlen, wenn ihr progressiver Psychedelic Rock so ganz und gar nicht dem Zeitgeist entspricht, dann bestimmt nicht, weil sie das musikalische Fotoalbum aus alten Tagen geöffnet haben. Die vier Musiker bedienen sich eines reichhaltigen Instrumentariums aus erdigen Gitarren, oszillierenden, wabernden Synthesizern, einer warmen Hammondorgel, Flöten, Saxophon und anderen Blasinstrumenten, die alle trotz ihrer Vielfalt in den opulent arrangierten Stücken immer genug Platz für virtuose Soli eingeräumt bekommen.
Space-Rock-Träumereien und Jazz-Ausflüge, analoger Charme und melancholische Phasen – egal was auf auf dieser Rockoper namens „Legacy“ geschieht, nichts klingt erzwungen „authentisch“ oder altbacken, sie kleben in keiner Epoche fest. Je weiter ich als Hörer mit der Band reise, umso mehr bekomme ich ein Gefühl für Zeitlosigkeit. Es ist Musik, gespielt von einer Band, die sich unter der Oberfläche des Mainstreams bewegt, da wo sie am lebendigsten ist. Braucht man hierfür ein Mindestalter? Kann man tatsächlich zu jung sein, um ein solches Album zu verstehen, weil man die Väter dieser Klänge noch nicht kennt? Um sich auf die Suche nach ihnen zu machen, ist man nie zu jung; und wenn ein Album wie „Legacy“ Einstiegshilfe dazu bietet, umso besser.
‚Retro‘ meint in Wahrheit leider viel zu oft Imitat. „Legacy“ aber ist kein Imitat, es bewahrt sich Originalität und zeigt, dass dieser Sound tatsächlich nie alt geworden ist und es selbst heute noch viel zu entdecken gibt.
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