Hier gibts mal ein echtes Schmankerl aus der bisweilen ein wenig in Vergessenheit geratenen New Metal-Welt: die US-Amerikaner von HURT nämlich und ihr Debutalbum „Vol. 1“. Selbiges ist klangtechnisch und kompositorisch ein Bastard aus experimentierfreudigen TOOL, Noise Metal und hier und da durchschimmernden ALICE IN CHAINS-Wurzeln geworden. Fürs Radioairplay sorgen die sanften Sequenzen, mit denen Vocalist J. Loren Wince (der auch alle Songs komponiert) gerne eine atmosphärische Note in die Tracks bringt.
„Shallow“ eröffnet richtig schön ALICE IN CHAINS-artig, dabei ruhiger, weniger mit schräg-düsteren als vielmehr mit basslastig-melancholischen Harmonien aufwartend. Die musikalischen Fertigkeiten überzeugen schon beim Opener und lassen weitere Highlights erwarten. Ähnlich wie THE VERVE bauen HURT Streicher in den Hintergrund ihrer Tracks ein, keinen süßlichen Kleister allerdings, eher eine Art untermalende Spannung. „Rapture“ wurde bekanntlich oft in diversen Musiksendern gespielt; es enthält aufbrausende Wut, Momente der Ruhe, ein Chartbreaker, nicht zuletzt durch den sehr an PEARL JAM erinnernden Refrain. Was dann folgt, sind wahre kleine Meisterwerke: „Overdose“ entwickelt sich zu einem grandiosen Sphärensong, instrumental und gesanglich optimal umgesetzt; wie sich die aufgebaute Spannung in einen Malstrom von widerstreitenden Emotionen entlädt, ist auch von ihren Vorbildern kaum zu toppen. Hier gefällt mir auch der noisige Anteil.
Glockenklänge haben wir in einem Intro ja immer schon gern gehabt, mit den Schlägen einer solchen beginnt ein weiterer echter Hit von HURT: „Falls Apart“, ruhige Musik zum Entspannen, lässig gespielt mit der Kippe im Mundwinkel. In solchen Momenten kann alles passieren. Im Refrain wird ihre Verwandtschaft zu LIVE, NIRVANA oder TAPROOT deutlich. Ruhig, schroff, Ausbruch, so geht es weiter mit äußerst intelligentem Songmaterial. „Losing“ führt uns sanft einlullend zur plötzlich ausbrechenden Eruption, kontrollierter allerdings. „Unkind“ zeigt noch einmal die Liebe von HURT zur „Ten“-Scheibe von PEARL JAM, „Dirty“ ist ein weiteres Highlight, einfach, ohne Haken diesmal, mit weich fliessenden friedlich dahinplätschernden Gitarrenläufen. Akustisch gehts weiter mit „Cold Inside“. Das überlange Finale „House Carpenter“ zeigt nochmal alle Qualitäten der Band; es ist eine Art Quintessenz des Albums sozusagen. Auch PORCUPINE TREE kann man bei derartig ruhigem Beginn mit Vocals aus dem Off assoziieren. Als Bonus gibts noch eine wirklich gute Akustik-Version von „Rapture“, ihrem Single-Hit. DAYS OF THE NEW würden ihnen dafür sicher auf die Schultern klopfen. Mir gefällt die Variante sogar besser als das Original.
Kurz: für Freunde der obengenannten Bands unbedingt zu empfehlen. Auch für Hörer von Indie-Rock aus Schweden und sogar für jüngere, die die diversen „THE“-Bands bevorzugen.
Kommentare
Sag Deine Meinung!