Ein Rabe krächzt, ein zaghafter Wind schwillt langsam zu einem tosenden Sturm an und fast scheint es, als hätten uns die Naturgewalten selbst das neue Werk von HULDER ins Haus getragen. „Verses in Oath“ ist das zweite Album der in den USA lebenden gebürtigen Belgierin Marz Osborne, die mit ihrem Solo-Projekt dem nordischen Black Metal der frühen Neunziger huldigt, ohne dabei jemals zur blassen Kopie zu verkommen. Das Material hat sie wie schon zuvor größtenteils selbst eingespielt und aufgenommen, Unterstützung gab es lediglich von ihrem Ehemann Necreon (Sam Osborne) am Bass und CK (Charlie Koryn, beide FUNEBRARUM) an den Drums, den Mix und das Mastering übernahm Ahti Korteleinen in Finnland.
HULDER folgt dem Sturm
Die selbst gewählte Stilbezeichnung Dark Medieval Black Metal vermittelt auch bisher Uneingeweihten eine grobe Idee davon, wohin die Reise mit HULDER geht. Die ersten beiden SATYRICON-Alben sowie das Frühwerk von EMPEROR und anderer Pioniere zählen sicherlich zu HULDERs größten Einflüssen, sie machen allerdings nur einen Teil der Gleichung aus, wie sich in vielen kleinen Details zeigt.
Nach dem bereits beschriebenen Intro pustet uns mit „Boughs Ablaze“ zunächst ein unbarmherziger Nordwind um die Ohren, wobei die Raserei durch erhabene Midtempo-Riffs, eisige Melodien und stimmungsvolle Synths aufgebrochen wird. Letztere tragen seit jeher maßgeblich zur archaischen, unwirklichen Atmosphäre von HULDERs Musik bei, was „Hearken the End“ noch viel deutlicher demonstriert. Mit entrücktem Klargesang, majestätisch schleppenden Riffs und uriger Tastenzauberei gleicht der Song einem fiebrigen Spaziergang durch einen nebelverhangenen, verwunschenen Wald; die Atmosphäre ist zum schneiden dicht.
Demgegenüber schwingen der Titeltrack und „Vessel of Suffering“ eher die grobe Kelle, während „Cast Into The Well of Remembrance“ mit BATHORY-Rhythmen voranmarschiert und bei „Enchanted Steel“ sowie „Veil of Penitence“ Raserei und Epik Hand in Hand gehen. Grade bei „Enchanted Steel“ setzen die Keyboards wieder besondere Akzente und dürften Freunden von „In The Nightside Eclipse“ Schauer der Verzückung über den Rücken jagen. Und trotz aller Ruppigkeit wohnt der Musik eine gewisse Melancholie und Schönheit inne, die so charakteristisch für diese Art von Black Metal ist. Der Blick über den schwarzmetallischen Tellerrand bleibt aber nicht aus, denn neben vielen folkigen Untertönen streift so manches Riff und besonders das tiefe, heisere Gebrüll von HULDER öfters die Grenze zum Death Metal.
„Verses in Oath“ zeigt eine gereifte Künstlerin
In Sachen Songwriting und Arrangements hat sich HULDER seit den Demotagen deutlich gesteigert; die Weiterentwicklung mit dem Debüt „Godslastering: Hymns of a Forlorn Peasentry“, der EP „The Eternal Fanfare“ und nun mit „Verses in Oath“ bewegt sich zwar in gewissen selbst gesteckten Grenzen, ist aber dennoch bemerkenswert. Auch bei der Produktion hat sich über die Jahre einiges getan. Der Sound ist nach wie vor angenehm roh und kantig, dabei jedoch ausreichend differenziert und so kraftvoll, dass sich das Klangbild näher am Old School Death Metal denn an einer höhenlastigen 90er-Jahre-Elektrorasierer-Produktion aus Norwegen bewegt.
Hätte es gleich zwei Interludes zur Mitte des Albums gebraucht? Nein, sicher nicht, Atmosphäre hin oder her. Aber sei’s drum, „Verses in Oath“ zeigt eine in allen Belangen gereifte Künstlerin, wobei der künstlerische Fortschritt hier eher im Detail und in der Umsetzung stattfindet, während HULDER ihrer ursprünglichen musikalischen Vision jederzeit treu bleibt und trotz offenkundiger Einflüsse absolut authentisch rüberkommt.
Auch hier klingt der Sound „wolliger“, als es vielleicht sein müsste. Allerdings finde ich, dass es auf seine Art zu der doomigen, melancholischen Stimmung ganz gut passt und das Ganze zwar nicht puristisch, aber dennoch wirklich besonders klingt. Ich tippe mal auf ein everybodys-darling , mit Tendenz zu einer der großen Jahreshighlights. Wem das nicht auf irgendeine Art und Weise geäfllt, der hat mir dunkler Musik nichts am Hut.
>Wem das nicht auf irgendeine Art und Weise geäfllt, der hat mir dunkler Musik nichts am Hut.<
Ich kann nicht sagen, dass es mir nicht gefällt, aber unter'm Strich wäre mein Urteil "meh"..
Hulder hat sich schon ziemlich seit „Embraced by Darkness Mysts“ (durch die Ep wurde ich auf die Band aufmerksam) rausgeputzt. Die Bathory-Einflüsse sind beim angehängten Song unverkennbar zu hören. Bin mal auf das Album gespannt. Vorher erlaube ich mir da kein Urteil.
Aber schön das mittlerweile immer mal wieder organisch, traditioneller Black Metal bei metal.de doch ganz positiv rezensiert wird.
Großartiger Song. Ich harre gespannt der Dinge die da kommen 😀 Ich mag die Godlastering und die nachfolgende EP recht gerne, allerdings fehlt mir da noch ein bisschen die Eigenständigkeit. Das könnte es sich hiermit nun ändern. Wenn alles glatt läuft, darf ich die Band dieses Jahr auch noch live bewundern.
Ist ehrlich gesagt nicht so mein Fall.
Wenn das Keyboard fast die ganze Zeit die Gitarrenlinien mitspielt/doppelt, dann verfliegt doch ziemlich schnell mein Interesse an der Musik. Soundmäßig aber recht fett für den Style..
Was für ein Genuß! Und wenn ich in diesem Fall von Genuß schreibe, dann meine ich das mit absoluter Überzeugung! Ich bleibe dabei, dass Hulder hier kein Meisterwerk, aber ein absolutes Kleinod, einen Crowd Pleaser erschaffen haben, welcher einen sehr weiten Kreis der angedachten Zielgruppe zufriedenstellen dürfte. Erhaben und authentisch, nordisch und schlichtweg wohltuend organisch, in jeder einzelne Facette des Gesamtwerkes. Zwar hätte ich mir den Sound gerne noch etwas „kratziger“ gewünscht, die Keyboards etwas einzigartiger und mit weniger Crowd pleaser Genen, aber das ist Jammern auf sehr hohem Niveau. Hulder transferieren die 90er in die Neuzeit, ohne zu kopieren und ohne in Ehrfucht zu erstarren, sondern mit vollster Überzeugung und einem eigenen Sound.
Was für ein Hammer Album und schöne Ode an die 90er Jahre. Sehr cool das Herr Korn (welcher ja auch live bei Morbid Angel spielt) hier das Drumming übernommen hat. Braucht man eigentlich nicht mehr viel über das Album sagen als: hervorragender traditioneller Black Metal mit Frauengesang. Schon jetzt ein absolutes Highlight des Jahres.
Meine Erwartungen waren hoch und sie wurden nicht enttäuscht. Großartiges Album. Dass das Keyboard hier „ständig“ die Melodien mitspielt/doppelt, ist wahrscheinlich genau der Grund, warum das hier für mich so gut funktioniert. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands klingt es nicht so als wäre es einfach zusätzlich irgendwie mit dran geklatscht worden (obwohl das der Sache mit Sicherheit in Wirklichkeit nicht gerecht wird, es ist halt üblicherweise einfach nicht meine Baustelle). Vom druckvollen Sound war ich am Anfang noch mit dem Vorgänger im Ohr auch recht überrascht, bin jetzt nach mehrmaligen Hören des Albums aber ganz froh darüber. Ich denke hier wäre ansonsten viel von der Kraft einiger Songs verloren gegangen und davon irgendwie zu poliert zu klingen ist das immer noch weit entfernt.
Punkte vergessen…
Die Vorredner haben das schon gut umrissen, möchte daher nur die Zuneigung teilen. Habe mich willensstark gegen eigene Vorurteile durchgesetzt und finde die Platte ziemlich geil. Vorurteile: Huldigung „nordischen“ „oldschool“ BMs (bestenfalls langweilig), bisschen peinliche Attitüde und das unfreiwillig komische Video zum Ersteindruck („ey, lass mal irgendne mystische Kirche suchen, Schwarzweißfilter draufklatschen und irgendwas mit Kerzen, Feuer und Innereien machen. Am Ende posen wir episch zwischen Altholzinseln auf nem frisch vom Harvester plattgemachten Kahlschlag im Fichtenforst!“).
Alles egal, weil das zählt kaum. Das ist einfach musikalisch verdammt stimmig, perfekt gemischt, die Frau hat ein wunderschönes Organ und die Platte macht Spass! Çok <3