Horseback - The Gorgon Tongue
Review
HORSEBACK machen mit ihrer neuen Veröffentlichung „The Gorgon Tongue“ zwei mittlerweile rar gewordene Veröffentlichungen wieder zugänglich: zum einen das Debut mit dem Titel „Impale Golden Horn“, zum anderen die limitierte Kasettenveröffentlichung „Forbidden Planet“. Wer die Band um Mastermind Jenks Miller bereits kennt, kann sich eine grobe Idee davon machen, was einen auf diesem Doppelalbum erwartet, doch ich verwette meinen kleinen Finger darauf, dass er auf so einige höchst unerwartete Aspekte treffen würde. Denn wenn es etwas gibt, das HORSEBACK auszeichnet, dann ist es Unangepasstheit und ein uriger Sound.
Bei „Impale Golden Horn“ handelt es sich um ein extrem vielseitiges Ambient/Noise-Album, das für HORSEBACK’sche Verhältnisse ausgesprochen sanft, weitläufig und zuweilen auch fragil wirkt. Wer nur das Zweitwerk „Invisible Mountain“ kennt, wird hier kaum Parallelen erkennen, lediglich „Hatecloud Dissolving Into Nothing“ zeigt noch Einflüsse jenes wehmütigen, einsam flirrenden Klanges, den HORSEBACK auf ihren Erstling schufen. Bereits der Opener „Finale“ verzückt den Hörer mit 17 Minuten schwebenden, von feinen, wellenartigen Nuancen durchzogenen Ambient-Szenarien, und auch die drei nachfolgenden Kompositionen sind jede Minuten des Zuhörens wert. Von Zeit zu Zeit findet auch perlende Pianoklänge und wärmere, sanftere Gesänge Einzug in die Musik. Es handelt sich hier um ein unglaublich reichhaltiges, stimmungsschwangeres Album, das den Hörer im Gegensatz zum rumpelnden, fokussierten Zweitwerk „Invisible Mountain“ in einen wohlig-betrübten Schwebezustand versetzt.
„Forbidden Planet“ besticht hingegen durch oszillierende, zwischen Nervosität und bedrohlichen, hypnotischen Stimmungsgewittern hin- und hergerissene Klangwände. Extrem verzerrte, von Reibungen durchzogene Gitarren, verstörende Geräuschfetzen und die von „Invisible Mountain“ bekannten verhallten Kreischgesänge prägen die Grundstimmung des Materials, dazu gesellt sich ein knarzender Bass und ab und an ein Hauch von Wärme in Form zurückhaltender Synthesizern. Ich bin wieder einmal verblüfft, wie differenziert HORSEBACK unterschiedlichste Stimmungslagen herausarbeiten und dabei der Musik einen so natürlichen, intuitiven Fluss lassen, der doch nicht ganz von dieser Welt scheint. Hin und wieder erkennt man Anklänge an Drone-Größen wie SUNN O))), die jedoch niemals Überhand nehmen und die eigene Note des Materials eher unterstreichen. So kann herausragende Drone/Noise-Kulisse klingen!
Für jeden, der den eigenwilligen Stil von HORSEBACK mag, ist diese Wiederveröffentlichung ganz klar ein Pflichtkauf, sofern man bereit ist, sich auf Neues einzulassen. Denn wie die gesamte Diskographie der Band, braucht auch dieses Doppelalbum eine Menge Zeit, um zu reifen und den Großteil seiner Schätze zu offenbaren. Generell sei jedem, der Drone- und Ambient beziehungsweise Noise auch nur ein klein wenig abgewinnen kann eine Hörprobe dringend ans Herz gelegt! So etwas kriegt man nicht alle Tage zu hören, und dass ich mit der Wertung etwas geizig bin liegt einzig und allein daran, dass ich mir Maximalpunktzahlen lieber für das neue Material, von dem ich mir einiges verspreche, aufheben will. „The Gorgon Tongue“ ist eine berauschende Sammlung feinsinniger Klangmalerei, die mit jedem Durchlauf weiter wächst.