Bunte, lebendige Naturaufnahmen zierten die Cover der bisherigen Veröffentlichungen des Paderborner Ein-Mann-Projketes HORN, doch betrachtet man den jüngsten Output der Band, so erblickt man eine ruhige Hafenszenerie. Einsam, trist und verloren wirkt die schwarz-weiß-Aufnahme und doch auf ihre eigene Art ansprechend, interessant und schön.
Und genauso verhält es sich mit den acht Kompositionen, die Bandkopf Nerrath auf seinem nunmehr vierten Werk präsentiert. Düster-melancholische, elegische Riffs und die für HORN markanten, schrill sägenden, kalten Leads tragen die überlangen Songs, die sich meist schleppend voran walzen und nur von vereinzelten temeperamentvollen Wutausbrüchen aus der Fassung gebracht werden. Das variable Schlagzeug scheppert gewaltig, die Vocals wirken dumpf und stark in den Hintergrund gemischt, weshalb man häufig das Gefühl bekommt, die Musik wie durch einen Vorhang wahrzunehmen. Dies sorgt zum einen für eine noch nachdenklichere, isoliertere Atmosphäre. Zum anderen überspielt dies gut, dass die Musik HORNs kaum Details aufweist, die davon ansonsten verschlungen würden.
Und das ist auch der größte Nachteil dieses Werkes. Möchte man sich lediglich von der Atmosphäre eines Albums einnehmen lassen, so gelingt das mit “Distanz” sehr gut, doch viel zu entdecken gibt es hier nicht. Hat man das Album einmal gehört, kennt man es, was auch daran liegt, das die Titel sich untereinander stark ähneln und wirkliche Highlights ausbleiben. Zwar setzt Nerrath mit kurzen Akustik-Parts oder außergewöhnlichen Instrumenten hier und da Akzente, doch besonders sein eher gleichförmiger, wenn auch markanter Gesang und die simplen, recht vorhersehbaren Riffs nehmen dem Ganzen irgendwie die Spannung.
Doch wie schon angedeutet haben die Songs trotz ihrer Kälte, ihrer Distanz zum Hörer und vielleicht auch gerade wegen ihrer Unauffälligkeit einen besonderen Charme und das gewisse Etwas. Auf ihre eigene Art fesseln sie den Hörer und gewinnen ihn für sich, ohne sich anzubiedern oder mit diversen Besonderheiten auf sich aufmerksam zu machen. Zu einem Meisterwerk macht das “Distanz” nicht, doch ich bin mir sicher, dass ein solches Album seine Liebhaber finden wird.
Distanz rumpelt an allen Ecken und Kanten und ist das erste HORN Album, das mir gefällt. Den Werken davor, konnte ich nicht viel abgewinnen. Kurz und bündig. Herr N. ist meiner ansicht nach unterbewertet. Distanz verbindet Zorn, Grimm und Epik mit Melancholie. Das melancholische ausufernde Element, das mich beim anderen Projekt besagten Herrns so begeistert (Licht Erlischt / LE), stört mich bei HORN allerdings etwas. Flotte nach vorne preschende antihymnen, die man sich gut auf dem Weg zum Job reinpfeiffen kann, werden durch die langsamen, ruhigen passagen, leicht verwässert. Ich weiß noch wie ich Distanz das erste mal richtig aktiv hörte, bei einer meiner Fahrten durch Deutschland, und wie sehr ich damals von Distanz begeistert war. Die `production` ist freilich dreckig und die Gitarren viel zu hoch abgemischt, so kommt oldschool Metal Feeling auf, was wiederum für meinen persönlichen Gusto, nicht zu den besagten langatmigen ausufernden melancholischen Parts passt. Aber gerade diese „eckige underground„ production, macht für mich den Reiz an Distanz aus.
Nachwievor mein lieblings HORN album. Bin gespannt auf „Turm am Hang„ das im Januar 2017 erscheinen soll.