Honigdieb - Seelentropfen

Review

HONIGDIEB ist der seltene Beweis dafür, dass auch mal ein deutscher Name besser klingen kann als ein englischer. Oder was ist von HONEYTHIEF zu halten? Die neue HONIGDIEB, „Seelentropfen“ betitelt, wirbt mit Slogans wie „Nichts Für Schlaftabletten“, „50 kreischende Mädels als Backgroundchor“, „Bordsteinpoet Sir Hannes ermuntere zu ganz neuen Denk- und Lebensweisen“ (*hüstel*) etc… Humor geht anders, denk ich mal, aber wie wir sogleich erfahren, wollen „HONIGDIEB eigentlich ernst sein und tiefere Wahrheiten enthüllen.“ Na dann mal runter mit den Hosen, musikalisch und textlich gesehen!

Songs wie „Augenöffner“ oder „Seelentropfen“ versuchen sich an der Art Songs, wie sie JENS FRIEBE zuletzt (zu Recht) so bekannt gemacht haben, nur dass letzterer frech agiert, poetisch, ulkig, musikalisch gut, weil einfallsreich und wirklich ernst dabei bleibt, man höre sein neues Album „Das Mit Dem Auto Ist Mir Egal Hauptsache Dir Ist Nichts Passiert“. Mit „Immer Für Dich Da“ beginnt das Kapitel Mainstream; eine übrigens wirklich gut geratene Produktion durch das berüchtigte Multiproduzenten-Talent Siggi Bemm kann den 0815-Song mit simpelstem Mitgröhlrefrain nicht aufpolieren. „Hallo Neider“ fährt seltsamste Stilistiken auf; man gewinnt allmählich den Eindruck, dass hier additiv alle „Ideen“ untergebracht werden, derer die Band fähig ist (*hüstel (2)*): rockige Ansätze werden mit Blockflötengedudel aus der ersten Flötenstunde unserer Kleinsten höchst unerfreulich vermengt. Textlich gehts mit „Steck Dir Den Finger In Den Po, Vielleicht Bist Du Dann Auch Mal Froh“ nahezu akademisch-philosophisch zu, ach du Scheiße…

„Smarties“ zitiert auch ELEMENT OF CRIME, pure Blasphemie! Trottel, sich an denen zu versuchen, das geht eindeutig zu weit und wird nicht verziehen. Diese CD ist kaum metal.de-kompatibel, soviel kann schon mal gesagt werden, als Zwischenfazit. Und die 50 deppert schreienden Mädels des Backgroundchors klingen schrullig. „Der Durst nach Liebe wird besungen“, frohlockt die Band eifrig, nun, mit „Pille(n)mann“ soll das wohl umgesetzt werden. Allerschrägster, nicht gerade einfallsreicher Text wird von entsprechenden Geigenklängen begleitet; diese Chose schreit nach der Skip-Taste. „Dumm Ist Der Dummes tut“ fährt Reime auf, die eines unterdurchschnittlichen Zweitklässlers würdig wären. Hier gibt es mal einen swingenden Groove, der richtig geil wäre, wenn der Song nicht wieder diese dümmliche Wendung nähme, musikalisch wie textlich.

Kurzum: große Unterschiede bezüglich des Liedgutes werden nicht mehr geboten, gute Ansätze („Mädchen Mit Den Roten Haar’n“) werden stets durch stümperhafte Passagen abgelöst und versauen alle Songs. Hört JENS FRIEBE, ELEMENT OF CRIME oder TENACIOUS D: da habt ihr intelligente, auch bisweilen witzige Musik. HONIGDIEB sind halbgar, Ska, Hip Hop und Rock gehen eine bescheuerte Verbindung ein. Die angedrohte „Nebenwirkung und das Risiko, das beim Hören des Albums sich einstellen soll“, besteht nur für die CD selbst, denn selbige wird nach der Rezension umgehend entsorgt.

01.10.2007
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