Himinbjorg - Europa

Review

Leider wird es immer Bands geben, die ihr ganzes Bestehen lang Talente bleiben. HIMINBJORG gehören, das kann man nach dem fünften Album wohl mittlerweile recht sicher sagen, dazu. „Europa“ hat, genau wie seine Vorgänger, fantastische Augenblicke zu bieten, geniale Ideen, Stücke bei denen alles passt wie Arsch auf Eimer – und dann kommt wieder absolute Standardware und ein untrügliches Gespür dafür auf, im falschen Moment alles falsch zu machen. Die Stärken der Franzosen sind sicherlich ihre Erfahrung, ihr heidnischer Hintergrund, ihr musikalisches Können, auch ihre Kreativität, die immer wieder zu wirklich hellen Momenten führen. Auf der anderen Seite stehen ihre Schwächen, und die machen leider einiges wieder wett: mangelnde Konstanz, zu viele Line-Up- und Labelwechsel, vielleicht so etwas wie fehlendes Gefühl dafür, wann ein Riff den Weg auf eine Platte einfach nicht schaffen sollte – und vor allem das Talent, Platten zu zerhackstückeln. „Europa“ besteht zu höchstens 2/3 aus echten Liedern, alles andere sind Intros, Outros, Midtros oder wie immer man die Soundkollagen und unnötigen Gitarrenspielereien nennen will. Das ist nicht nur im Hinblick auf die gestreckte Spielzeit Quatsch, es nimmt dem Album als Gesamtkunstwerk jeden Drive. Ich habe mich nicht selten dabei ertappt, wie ich die Platte schon für beendet hielt, als noch 4 oder 5 Tracks ausstanden. Denkt man sich das Geklimper einfach weg und bewertet die vollwertigen Stücke, macht die Sache schon erheblich mehr Spaß. Da bieten die vier sauber und stilsicher bis kongenial produzierten Pagan-Black-Metal (so es sowas überhaupt gibt), der oft an alte HELHEIM, ENSLAVED oder EINHERJER erinnert (vor allem der klare Gesang und die geilen Gitarrenharmonien) und nicht selten erstaunlicherweise an PRIMORDIAL zu ihren Glanzzeiten, vor allem im Stück „Yon“ klar herauszuhören. Die Songs sind auch im hohen Geschwindigkeitsbereich zumeist abwechslungsreich und stimmungsvoll, der Gesang äußerst fies, variabel, leidenschaftlich und gänsehauterregend (z.B. die letzten 30 Sekunden der CD). Gut ausgearbeitete Soli an der richtigen Stelle bringen Pepp in die Stücke und machen einfach Laune. Zwei oder drei katastrophal langweilige Tracks sind auch dabei („Daily disillusions“ oder „Last day in Alesia“), aber das sind eben genau die schon angesprochenen Riffs, die besser nicht mit dabei gewesen wären.
Weiß der Teufel warum, die Scheibe als Ganzes zündet bei mir nicht so richtig. HIMINBJORG haben nichts falsch gemacht, aber vermutlich eben auch nicht alles richtig. Dazu trägt auch das misslungene Booklet bei, dessen in Schreibschrift auf Grafiken gesetzte Texte ich nur mit ganz viel Willen entziffern kann. Was ich lesen konnte ist aber ehrlich gesagt nicht unbedingt der Rede wert. Die Fotos finde ich für eine Band mit dieser thematische Ausrichtung auch nicht gerade gelungen.
Ewiges Talent oder nicht, „Europa“ ist streckenweise grandios und streckenweise verhunzt. Soll jeder selbst entscheiden, ob das Glas nun halb voll oder halb leer ist. Bei mir überwiegt heute der Optimist.

10.05.2005
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