An einem kalten 14. Februar 2013 ging es mir durch den Kopf: Ohne jegliches Interesse für das „Event“ des Tages selbst, aber trotzdem mit den Erinnerungen an eine Band, die schon längere Zeit nichts mehr von sich hat hören lassen. HIM sind über die vielen Jahre im Musikgeschäft ruhiger und geradliniger geworden. In den Massenmedien sind Ville Valo und seine Truppe schon seit längerer Zeit nicht mehr das, was sie mal zur Jahrtausendwende waren. Die Finnen sind erwachsen geworden, haben mit „Screamworks: Love In Theory And Practice“ das bis dato ausgefeilteste, reifste und vor allem auch überzeugendeste Album abgeliefert. Via „Tears On Tape“ meldet sich die Love-Metal-Institution aus Helsinki nun zurück und versucht einen Spagat zwischen „Heavyness“ und „Sentimentalität“.
Wenn man bedenkt, dass „Tears On Tape“ ursprünglich als Akustik-Album gedacht war, und man sich erst später dazu entschied, es dann doch mit einem rockig-metallischem Gewand zu schmücken, scheint das ein durchaus interessantes Unterfangen darzustellen. Und nach dem Keyboard-Intro „Unleash The Red“ wird man mit „All Lips Go Blue“ direkt das erste mal damit konfrontiert. Harte, kratzige Riffs überraschen diejenigen, die geglaubt haben, HIM schon mit all ihren Facetten zu kennen, auch wenn man in den Strophen einigen Akustik-Gitarren etwas mehr Raum zugesteht und die versprochene „Heavyness“ etwas drosselt. „Love Without Tears“ mimt dann ähnlich wie der Titeltrack eher die typische Hitsingle, auch wenn sich zuweilen einige Folk-Parts einschleichen, die man bisher nicht im Repertoire der Finnen wusste.
Dabei haben sie vor allem den Zuckerguss-Anteil drastisch reduziert. Die Keyboardmelodien fallen deutlich subtiler als noch auf den Vorgängern aus, die Produktion klingt äußerst organisch, die Instrumente zu keiner Zeit nachbearbeitet. So gewährt man „Tears On Tape“ einen sehr erdigen und natürlichen Charmé, der dem Bandsound gut zu Gesicht steht. Darüber hinaus versuchen HIM wie in „I Will Be The End Of You“ mit dezenten Post-Rock-Melodiebögen im Refrain für Abwechslung zu sorgen, was meistens gelingt und in „W.L.S.T.D.“ durch doomige, zuweilen an Stoner Rock erinnernde Riffs seinen Höhepunkt erfährt.
Das Grundgerüst aber ist bei HIM nach wie vor erkennbar. Über Emotionen definieren sich Ville Valo und seine Mitstreiter, die Texte sind dabei stets ein träumerisches und mitunter auch düsteres Ventil. Trotz dessen ist es HIM mit „Tears On Tape“ aber gelungen, ein frisches Werk zu kreieren, woran vor allem die vielen Fremdeinflüsse aus Doom, Folk und Post-Rock einen großen Anteil haben. Die kleineren Interludes präsentieren sich zwar als unnötig, reißen aber zumindest keine Löcher in die aufgebaute Atmosphäre des Albums, weswegen der achte Streich der Finnen durchaus über die volle Länge zu überzeugen weiß und HIM als eine Band zeigt, die hauptsächlich in Sachen Songwriting gereift ist und sich keine Scheuklappen setzt.
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