Die Entscheidung, ein Album nur aus einem einzigen Track bestehen zu lassen, kann ganz unterschiedliche Motive haben. Es ist möglich, dass die einzelnen Songs dermaßen ineinander verwoben sind, die Kohärenz des Albums so dicht, dass eine Trennung dieses Bild nur unnötig stören würde. Es kann so intensiv sein, dass selbst die Songgrenzen komplett aufweichen, und es keine Songs im ursprünglichen Sinne mehr gibt – das musikalische Gesamtwerk ist verschmolzen und bildet eine unzerstörbare Einheit, und es liegt weder im Interesse der Musiker noch des Hörers, diese Einheit auseinander zu dividieren.
HIGHGATE hatten sicherlich ihre Gründe, noch dazu, wo sie ihrem Album bzw. dem einzelnen Song darauf keinen Namen gegeben haben. Nur die Musik und der Gesang alleine sollen sprechen, und das Artwork soll das innere Auge ankurbeln. Es ist geprägt von Bildern des Krieges, von Leid, Elend und Vernichtung, und genau das findet sich auch in der Musik des amerkanischen Trios wieder: Die Mischung aus minimalem Extrem-Doom und simplen Black-Metal-Versatzstücken zeigt die Fratze des Todes, der das Leben in so unterschiedlichen Formen heimsucht, vor allem, wenn er vom Menschen gerufen wird.
Dass das Album schwer genießbar ist, wäre noch untertrieben. Es bedarf schon einer gewissen Grundstimmung, um sich auf dieses Werk einzulassen. HIGHGATE verarbeiten viele Motive und Stimmungen, und obwohl der 54-Minuten-Brocken anfangs unangreifbar wirkt, zeigt sich recht schnell, dass sich darinnen viele unterschiedliche Strukturen verbergen. Schwerfällige Doomparts wechseln mit schnelleren, angeschwärzten Abschnitten, sowie mit reinen Atmosphärepassagen, die wie ein leiser Wind über einem verlassenen Schlachtfeld wirken.
Das sorgt zwar für Variation, aber unterm Schnitt passiert auf diesem Album trotzdem nicht viel. HIGHGATE mangelt es vor allem an Ideen von der Qualität, dass sie den Hörer bei Laune halten. Es ist eben kein Album mit Top-Songs, Nieten und Durchschnittsnummern – es ist ein Gesamtkomplex, der hier und da einige Risse aufweist. Ich will nicht soweit gehen zu sagen, HIGHGATE würden Ideen unnötig lange plattwalzen. Die erste Hälfte, vor allem bis zum ersten größeren Atmo-Part ist gut gelungen. Aber an vielen Stellen wirkt das Werk eher wie eine Zwangseinheit, die nur nicht getrennt werden darf, damit die schwächeren Teile nicht den Boden unter den Füßen verlieren. Das ist dann wie bei einem Film, durch den man sich nur in der Erwartung eines grandiosen Finales quält, und die Makel zwischendurch in Kauf nimmt.
Unterm Schnitt also eine sehr nüchterne Angelegenheit. Das namenlose Werk wird zwiespältige Eindrücke hervorrufen. Manche werden darin vielleicht aufgehen, mich jedoch überzeugen HIGHGATE nicht.
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