Vor gar nicht allzu langer Zeit habe ich auf diesen Seiten die Veröffentlichung eines jungen Musikers besprochen, die so gar nichts mit Metal zu tun hat – die Rede ist von Julian Schiel und seinem Projekt HIBA, mit dem er auf „†“ avantgardistische Piano-Klänge und elektronische Spielereien in dunkelster Manier präsentierte. Nun ist HIBA zurück und serviert mit „††“erneut musikalisch visionäre Kost – nun mit anderen Schwerpunkten und Elementen, aber nach wie vor ist „schräg“ das erste Attribut, das mir bei Genuss der zwölf Songs durch den Kopf geht.
„††“ ist dreigeteilt in „Amourette“, „Die sieben Fußbälle“ und „Children Of God“, jeder dieser Abschnitte verteilt sich noch einmal auf zwischen zwei, drei oder sieben Unterkapitel. Es fällt mir extrem schwer, an dieser Stelle irgendwelche allgemeineren Aussagen über die knapp 40 Minuten zu treffen – das ist jetzt angesichts der schon auf „†“ unglaublich fordernden Musik zwar nichts wirklich Neues, allerdings kann Julian Schiel ohne zu zögern attestieren, dass er mit HIBA nun noch eine ganze Ecke mannigfaltiger in Klang und Atmosphäre geworden ist.
Klar, die extrem dunklen, fiesen, atonalen Klavier-Klänge – auf „†“ noch dominantes Markenzeichen HIBAs – sind auch dieses Mal mit von der Partie („Les Pleurs“ zum Beispiel); Julian erweitert auf „††“ seinen „musikalischen“ Kosmos (die Anführungszeichen sind keine Kritik, sondern eine Zustandsbeschreibung, die ausdrücklich als Kompliment zu deuten ist!): Neben weiteren elektronischen erzeugten Klängen, die bereits auf „†“ erste Auftritte hatten, gibt es an Drone gemahnende Monster wie „La Profanation“, sakral anmutende verfremdete Orgel-Klänge und vor allem eine gerade in den ersten Durchgängen erschlagende klangliche Experimentierwut, die (wie oben bereits angedeutet) nicht so leicht in Worte zu fassen ist: Stereobilder vom Feinsten, an der Grenze zur Nachvollziehbarkeit agierende Dynamik und Laut- / Leise-Wechsel, eine Dramaturgie, die selbst avantgardistischste Theater-Regisseure alt aussehen lässt.
So weit zur rein klanglichen Seite „††“s. Lässt man sich auf diese Fülle an Ideen ein, entsteht jedoch – zugegeben: später als noch auf „†“ – Atmosphäre. Eine dunkle, bedrohliche, gegen Ende (beide Stücke des abschließenden Kapitels „Children Of God“) gar vollkommen verneinende Atmosphäre – kein großes Wunder, wenn man den Untertiteln „Liturgy Of Syria“ und „1945年8月6日“ (sechster August 1945 – das Datum des Atombombenabwurfs über Hiroshima) ein wenig Interpretation schenkt, die angesichts der präsentierten Klänge kaum notwendig scheint.
Wie schon „†“ kann und will ich an dieser Stelle keine Punktwertung vergeben. Im direkten Vergleich ist „††“ noch variabler, noch fordernder, aber atmosphärisch auch noch facettenreicher als sein Vorgänger – einziger vermeintlicher „Haken“ an dieser deutlichen Weiterentwicklung HIBAs: Es wird potentiellen Hörern eben auch noch schwerer fallen, „††“ zu erschließen und seine Vorzüge zu entdecken – einen Versuch ist’s in jedem Fall Wert, behaupte ich.
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